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184 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 4. Heft. (Äpiil 1896.)
Vater seine hiesige Stellung bekam, in welcher er' — ,Sein
Leben lassen musste', — vollendete Babette, den umflorten
Blick in die Ferne gerichtet. — 'Ja', fuhr ihre Mutter, mit
zitternden Händen ihre Schürze glättend, fort, — 'o, wäre
er meinem Rath gefolgt, als er an jenem Freitag — jeder
Freitag ist ein Unglückstag, Babettet merke Dir dies! —
heiter und vergnügt von uns schied, um — als Leiche
zurückzukehren! — Schon in der Nacht konnten wir nicht
recht schlafen, ein Käuzchen schrie fortwährend am
Fenster, obwohl in unserer Stube keii Licht brannte, —
ein böses Vorzeichen! Als dann Dein Vater vor die Thür
trat, sassen auf dem nächsten Baume zwei Elstern, —
Elstern sind Unglücksvögel, BabetleV — ,Grute Mutter', —
fiel Babette ein, ihre Arme um die Weinende schlingend,
,lass nur gut sein, der liebe Gott hat uns ja nicht verlassen,
und siehe, vielleicht bringe ich Dir noch Glück!' — 'Wenn
es von Dir abhinge, Babettchen' — entgegnete die Mutter,
ihr liebevoll die Wange streichelnd, 'würde ich dessen gewiss
sein; aber wie gesagt, unterschätze neben Deinem frommen
Glauben an Gottes Allmacht auch das nicht, was uns
schwachen Menschen ebenso unerklärlich ist, wie der
Schöpfer selbst.'*'--
Auch in diesem novellistischen Bericht, den wir nicht
als bloss erfunden, sondern als aus wirklichen Erlebnissen
geschöpft betrachten dürfen, treten uralte Volksanschauungen
wieder hervor, nämlich zuerst die von der Heiligkeit
der Thürschwelle eines Hauses (vergl. die Kurze
Notiz sub e) Juli-Heft 1895 S. 333 ff.). Es ist anzunehmen,
dass das Skelett von einem an der Thürschwelle der Försterei
meuchlings erschossenen Franzosen herrührt, der dort heimlich
verscharrt wurde, und dessen Geist — oder war es vielleicht
der mahnende Geist des noch von Gewissensbissen gefolterten
ruchlosen Thäters? — sich durch jenen in den Vollmondsnächten
regelmässig wiederholenden Schuss bei den Lebenden
melden und sie zur Nachforschung veranlassen wollte, damit
dem Gemordeten ein ehrliches Begräbniss auf geweihtem
Friedhofe zu Theil würde? — Aehnliche Fälle finden sich
ja mehr in den Annalen des Spiritismus. — Und was die
Schreie des Todtenvogels betrifft, ferner die Unglück
prophezeihenden Elstern, so ist zwar die Neuzeit mit
ihrer eingehenderen naturwissenschaftlichen Erkenntniss
sowie das Trappen von Pferden, Kühen u. s. w. und das Knarren von
Wagen beim wilden Jäger im Odenwaide, Juli-Heft 1895 S. 316 ff.
Desgl. in „Stimmen aus der Höhe" Juli-Heft 1894 S. 373 verglichen mit
lautlosen Stimmen und Tönen Juli-Heft 1895 S. 283ff. —
Der Sekr. d. Red.
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