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206 Psychische Studien. XXIIL Jahrg. 5. Heft. (Mai 1896,)
während das Schwert die Männer frass, wurden die Flammen
gegen die Frauen ausgesendet."
Bei solchen kulturellen Zuständen des Mittelalters ist
es sehr leicht zu begreifen, dass alle wirklich bedeutenden
Männer, die in intellectueller Hinsicht auf einer höheren
Stufe standen, als der dumpfe Haufe, einfach des Teufelsbündnisses
beschuldigt wurden und als Zauberer galten.
Wir haben die für diese Zeiten so begreifliche Thatsache
zu konstatiren, dass Alle, die in Kunst und Wissenschaft
Hervorragendes leisteten, als verdammenswerthe Zauberer
verschrieen wurden. Der schon erwähnte Roger Bacon, ein
Franziskanermönch (1214—1294), auch „doetor mirabilis"
genannt, der die Kugelgestalt der Erde bewies, von dem
Gesetze der Trägheit in der Physik redet, die Perspective
in der Optik kennt, ein Zurückgehen auf die Ursprachen in
der Bibel verlangt, und Looomotive und Dampfschiff vorausahnt
, — galt selbstverständlich als „Erzzauberer'', wie seine
zehnjährige Einkerkerung beweist. Papst Sylvester IL, früher
Gerbert von Aurillac (f 1003) verfügte über solche Kenntnisse
, dass er allgemein des Teufelsbündnisses beschuldigt
wurde; er führte stets ein „Zauberbuch" bei sich, und der
Teufel begleitete ihn in Gestalt eines schwarzen Hundes.
Der Dominikaner Albertus Magnus, wegen seiner profunden
Kenntnisse so genannt (gestorben zu Köln 1280), hatte sich
natürlich auch dem Teufel verschrieben, der in Gestalt eines
sprechenden, ehernen Hauptes bei ihm war *) Pietro von Albano
(j 1316), der schon erwähnte Arnold von Villanova (eigentlich
Arnold Bachuone, f 1312), galten als „Erzzauberer". Der
berühmte Humanist Johannes Reuchlin (f 1522) ebenfalls.
Der Abt Trithemius von Sponheim (1462—1516), der Lehrer
Agrippae und Paracelsi} war des Teufelsbündnisses verdächtig
. Dieser früher schon erwähnte Abt, er hiess eigentlich
Johann von Heidenberg, war geboren 1. Februar 4462 zu
Trittenheim in der Pfalz, studirte in Trier und Heidelberg,
wurde Abt des Klosters Sponheim, später des Klosters
St. Jacob zu Würzburg; starb daselbst am 13. November 1516.
Ausserordentlich gelehrt als Theologe und Historiker, grosser
Liebhaber der Geheimwissenschaften, in die er durch
Libanius Gallus eingeweiht wurde. Er war hochgeehrt und
beliebt beim Kaiser Maximilian I. und bei dem Kurfürsten
Joachim Nestor von Brandenburg. Trotz seiner Frömmigkeit
galt er als verdammenswerther Zauberer, und zwar hauptsächlich
wegen seiner beiden Werke: — „Steganographia"
*) Vergl. „Psych Stud." Februar-Heft 1889 S. 90, Dezember-Heft
18S4 S. 580, Juni-Heft 1885 S. 269. —
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