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Dankmar: Johannes Faust, der Schwarzkünstler. 207
— und — „Polygraphia"; — wegen eines von Anderen
erbrochenen Privatbriefes an den Carmelitermönch Arnold
Bosty worin er sich der verschiedensten magischen Künste
rühmt, und wegen der Anklagen, welche Oharies Boville gegen
ihn öffentlich erhob. Trithemius gab allerdings auch zu, sich
mit Zauberei, resp. schwarzer Magie, zu beschäftigen, —
aber er sagt: — „nicht die Kenntniss des Bösen ist verwerflich
, sondern seine Anwendung." — Seine auf Betreiben
des Kurfürsten Philipp von der Pfalz gearbeitete — „Stegano-
graphia" — riecht auch gewaltig nach Höllenschwefel und
musst3 Argwohn erregen. Es ist wohl unzweifelhaft, dass
er sowohl auf Agrippa, als auch auf Paracelsus, persönlich und
durch seine Schriften, grossen Einfluss geübt hat.5*5) — Im höchsten
Grade aber waren diese seine beiden hochbedeutenden
Schüler: — Cornelius Agrippa von Nettesheim (geb. zu Köln
1486, f 1535), der berühmte Verfasser der „Philosophia occul-
ta", welche die Summe des ganzen Wissens der damaligen
Zeit zusammenfasste, und Theophrastus Paracelsus (1493—1541),
der Keformator der Medicin, des Teufelsbundes verdächtige
Man könnte diese Eeihe historisch berühmter Männer, welche
als „Zauberer'* galten, leicht fortsetzen, wenn nicht gerade
in diese Zeit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das
Leben eines Mannes fallen würde, welcher, obwohl von keiner
wissenschaftlichen Bedeutung und von niederer sozialer
Stellung, doch als Erzzauberer %ax" egoxrjv, als der berühmteste
der Teufelsbündner galt; ich meine Johannes
Faust
Gerade vielleicht deshalb, weil Faust kein berühmter
Mann von wirklich wissenschaftlicher Bedeutung und hoher
sozialer Stellung war, wagte sich an ihn die dichtende Mythe
des Volksgeistes umsomehr heran: — wie Götz von JBerli-
chingen der letzte Ritter, so ist Faust der letzte Magier
an der Grenzscheide des Mittelalters und der Neuzeit; er
ist der Sammelname, der Collectivbegriff für alle Zauberei
des Mittelalters, und in der Faustsage finden sich die meisten
Vorkommnisse sämmtlicher Zaubersagen des Mittelalters, oft
bis in Einzelheiten wieder, so dass sie eir.e Sammelsage zu
nennen ist. Sehr richtig sagt Prof. Dr. Reichlin-Meldegg: —
„Faust wurde als Schluszstein der Sammelpunkt für alle
früheren Zauberer; auch die Einzelheiten der Zaubersagen
des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts gingen in diese
Volkssage von Faust über. Kaum wird im Faustbuche eine
Zauberthat erzählt, zu der man nicht eine Parallele in den
*) Man vergl. hierzu „Psych. Studien" December-Heft 1884,
S. 580 ff. und Juni-Heft 1885, S. 269. — Der Sekr. d. Red.
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