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218 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1396.)
dergestallt dass die grösste Neuigkeit, worüber man sich bey
damaliger Gerichtsversammlung verwundert, das Gesicht war,
so der Prediger gesehen. Dass ich endlich zu der Sache
oder dem Kern komme, (dann ich habe mich zu lange bey
der Seh aale aufgehalten,) so wurde in eben diesen Gerichtssessionen
ein Edelmann, Johann Wilhelm Lloyid, der da eine
[englische] Meile*) von Glasterig wohnte, und dessen Sohn
noch da wohnet, krank; und als er nach Hause reisste, wurde
er von einem so heftigen Paroxismo überfallen, dass er nicht
weiter reiten konnte, als bis an das Haus, wo ich mein
Feuer gelassen; da stieg er ab, quartirte sich da ein und
starb vier Tage darauf. — Zum Ueberfluss muss ich noch
melden, dass etliche Lichter sind gesehen worden zu meiner
Kirche kommen seit diesen letzten drey Wochen, und die
Leiber nicht lange darnach. Aber genug von unseren
Lichtern.
Wir haben noch eine Art von Erscheinungen, welche
wir insgemein „Tanm" oder „Tanwed" nennen, weil sie
feurig scheinet. Dies lässt sich sehen unserm Bedünken
nach in der untern Gegend der Luft, gerade und lang? fast
wie ein Spiess oder Feuerrohr, ganz gerad in die Höhe, als
wann es zielte, aber viel sichtbarer, als „Stellae cadentes"
oder schiessende Sterne; es macht die Luft und den Boden
helle, wo es vorbey passiret, geht drey oder vier [englische]
Meilen weit, so viel man davon wissen kann, denn niemand
siehet dessen Anfang; wann es auf den Boden fällt, giebt
es Funken und macht alles um sich herum helle.**) Ehe
*) Fünf englische Meilen gehen auf eine deutsche Meile. —
Der Sekr. d. Red.
**) Es sind dies offenbar fallende und auf der Erde zerstiebende
Meteore, deren Fallen und Zerplatzen man damals in Deutschland
nicht mehr glauben wollte, obwohl noch zur Zeit des Kaisers Karl V.
vom Himmel gefallene Steine in Kirchen aufgehängt wurden, bis
Chladni Ende des 18. Jahrhunderts deren Thatsächlicbkeit unter
allgemeinem Widerspruch der Gelehrten von neuem zu erweisen begann.
(Vergl. hierüber Zöllner1» „Wissenschaftliche Abhandlungen" III. Bd.
„Die transscendentale Physik" Vorrede S XLI ff.) Obige Behauptung
ihres Einflusses auf den Tod eines Menschen werden unsere heutigen
Astronomen spöttisch betrachten und als puren Aberglauben verwerfen;
aber gerade sie sollten wissen und glauben, dass abgesehen davon,
dass schon viele Menschen von fallenden Meteorsteinen und von ihnen
abfliegenden oder in der Höhe zerplatzten Steiochen erschlagen worden
sind, ohne dass man die wahre Ursache ihres plötzlichen Todes damals
genau hat ermitteln können, wodurch andere in der Nähe befindliche
Personen sogar in den Verdacht, dieselben heimlich ermordet zu haben,
gerathen sind, die Natur im Grossen und Ganzen ein Uhrwerk ist,
dessen kleinstes Theiicben Einfluss auf das Ganze und somit auch auf
Leben und Tod ihrer Geschöpfe übt. Damit hatte die alte Astrologie
einen wahren Gtundgedanken, welche an den Einfluss der Gestirne
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