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232 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 5. lieft. (Mai 1896,)
Wechsel der Phänomene und Phantome bei Sprech- und
Materialisationsmedien, sowie die ausschweifende Phantastik
bei Somnambulen; ja ich stehe nicht an, sogar den Wechsel
des Charakters der Handschrift bei Schreibmedien durch
subjective Phantasiethätigkeit zu erklären: — wenigstens
ist in zahlreichen Fällen vorstehender Art die Mitwirkung
von Jenseitigen ausgeschlossen. Das schauspielerische
Talent ist im Trance oder bei somnambuler Thätigkeit
überhaupt gewaltig gesteigert und die Grenze zwischen
diesseitigem und jenseitigem Einfluss, wenn es solchen giebt,
schwer zu ziehen,
' Das Herübergreifen nun der hier metaphysischen
Actionssphäre auf das Physische wird bei den phantasievollen
Gebilden der mediumistischen Thätigkeit allenthalben
sichtbar; es kann sich sogar auf den ganzen physischen
Individual-Habitus des Mediums selbst erstrecken und hier
durchgreifende Veränderungen erwirken, gegen welche die
grösste Kunst unserer Theater-Mimen Spielerei ist. Man
sehe die S. 488 im November-Heft 1895 der „Psych. Stud."
vom Herrn Herausgeber registrirten Beispiele, wo das Medium
vor allen Augen und bei vollem ßewusstsein total verwandelt
wurde! Dabei empfand es ein lebhaft prickelndes Gefühl
im ganzen Körper.
Wir besitzen aber einen Anhalt zur Ergründung solcher
Wunder auf einem verwandten Gebiete, nämlich im
Mesmerismus. Auch die mesmerisch - odische Kraft
bewirkt oft ähnliche, wenn auch nicht so grosse Veränderungen
entgegen allen Gesetzen des physiologischen
Verlaufs einer Krankheitsform. Mesmerisch behandelte
Wunden und Blutungen heilen mitunter zusehends, auch
hinterlässt die Stillung des Blutes, wenn die Verletzung
von einigem Umfange war, ein stark prickelndes Gefühl in
dem betreffenden Körpertheile. Worauf es uns aber
ankommt, class die Art der Symptome bei der magnetisirenden
Person, die bekanntlich die Krankheit des Patienten oft
nachempfindet, aber in einer merkwürdig vorübergehenden
und abgeschwächten Weise, welche keine wirkliche Krankheit
darstellt, sondern nur eine scheinbar e und in der magnetischen
Sphäre belegene Nachbildung einer Krankheit, denn
das Mesmerisiren beruht auf einem Austausch von magnetischer
Vitalkraft, die bei demnach solcher Kraftzuführung
hungernden Organismus des Patienten auf die physiologische
Sphäre übergreift, heilend wirkt, dessen Organismus erneuert.
Die Sache ist durchaus dem Spiel der activen, mediumistischen
Phantasie ähnlich, die Kraftquellen sind dieselben,
und auch die Nachempfindungen des Mesmeristen sind
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