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260 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 0. Heft. (Juni 1896.)
Philipp Melanchthon mit Faust erlebt habe. Also es steht
fest, dass Joh. Faust, alias Georg Sdbellicus in Knittlingen
geboren ist, und zwar nach Angabe der Faustbücher im
Jahre 1490, womit auch stimmt, dass er 1505, als ihn
Trithemius trifft, noch ein junger „fahrender Schüler" war
und erst 1509 die erste akademische Würde erwarb.
Wir haben Faust 1513 in Erfurt verlassen; 1516 finden
wir ihn im Kloster Maulbronn bei seinem Freunde, dem
Abte Entenfuss, einem berühmten Alchymisten. Noch jetzt
befindet sich daselbst ein Theil des Klosters, der „Faustthurm
" genannt wird. Im Jahre 1520 begegnen wir Faust
zum zweiten Mal in Erfurt, wo er — nach Motschmann's
Chronik — im Gasthaus zum „Enker" in der Schlössergasse
wohnte und an der Universität daselbst — „auf öffentlichem
Katheder den Homerum erkläret." — In Erfurt ist noch
heute die Fausttradition lebendig, wie z. ß. auch das in
die Schlössergasse einmündende „Dr. Faustgässchentt beweist.
In Magister /. /. Vogefs „Leipziger Annalen" finden wir
ad annum 1525 erzählt, dass sich in diesem Jahre der
berühmte Schwarzkünstler Faust daselbst aufgehalten habe,
und es wird die bekannte Fassrittgeschichte aus Auerbach^
Keller erwähnt.*) — Im Jahre 1526 verkehrte der bekannte
protestantische Theologe Johann Gast zum öftern mit Faust
in Basel und erzählt allerlei Schwanke von ihm. Bei Gast
finden wir auch das erste Mal von Fausfs Zauberhund
Praestigiar und Mephostophües Erwähnung gethan; er
schUesst: — »Der Elende endete auf schreckliche Weise,
denn der Teufel erwürgte ihn; seine Leiche lag auf der
Bahre immer auf dem Gesicht, obgleich man sie fünf Mal
umdrehte." — Aus einem Briefe des Heinr. C, Agrippa von
Nettesheim v. J. 1528 ersehen wir, dass in Frankreich in diesem
Jahre am Hofe Franz9 L (1494—1547) „ein Zauberer aus
Deutschland angekommen ist, welchem die Geister gehorchen
sollen, und von dem man hofft, dass er dem Kaiser ebenso
Widerstand leisten werde, wie vormals Jamnes und Jambres
dem Moses." — Aus den weiteren Nachrichten des berühmten
Agrippa, welcher sich damals gerade am Hofe der Mutter
Franz des Ersten aufhielt, und aus Parallelstellen aus den
Faustbüchern kann man wohl annehmen, dass der erwähnte
Zauberer Faust ist, welches auch damit stimmt, dass z. B.
*) Vergl. Gr. 6. Wütig i — „Die Kehrseite der angeblich zu
Berlin entlarvten Klopf- und Schreib* Mediumschaft Mr. Slade'%. Ein
leteter Appell an die exacten Gelehrten Deutschlands u. s. w." (Leipzig,
Oswald Mutze, Deeember 1877, S. 21, und ein in den „Psych. Stud"
über die Inschriften in Auerbachs Keller zu Leipzig vom Sekr. d,
Red. noch zu druckendes Manuscript.)
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