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278 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1896.)
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Grosse spiritistische Vorstellung der
„Fe in in e masquee" in Berlin.*)
Der spiritistische Verein „Psyche" hielt am Montag
Ahend [d. 27. April er.] in den Kühne'schen Festsälen
(Niederwallstrasse) eine grosse Vorstellung veranstaltet, zu
der nur eine beschränkte Zahl von Zuschauern zugelassen
war. Auch einige Vertreter der Presse hatte man geladen
und begegnete ihnen — trotzdem die Spiritisten gar nicht
gut auf Berichterstatter zu sprechen sind — mit anerkennenswerter
Zuvorkommenheit. Unter anderem sollten die
mystischen Glockentöne vorgeführt werden. Man
hoffte, dass sich bei einigermaassen gutem Willen der
Geister die Glocke leuchtend materialisiren würde. Vorweg
sei bemerkt, dass diese Erwartung nicht eingetroffen ist,
angeblich wegen zu grosser Hitze, die der Geist nicht vertragen
kann, auch weil zu viel „fremde Elemente" in der
Versammlung waren, Zeitungsberichterstatter und sonstige
„Ungläubige". Der Vorsitzende Schönherr begrüsste die
Versammlung mit dem „alten spiritistischen Grusse": —
,,Gor,t zum Grusse!" Die Versammlung dankte mit denselben
Worten. Dr. Egbert Müller sprach dann über die Bedeutung
des Spiritismus. Dieser sei ein Bollwerk der Moral, der
Kirche und darum auch des Staates; denn er wende sich
gegen die Pestbeule des Materialismus. Hoffentlich werde
es noch dahin kommen, dass der Spiritismus vom Staat
und der Kirche mit Wohlgefallen betrachtet werde.
Eine derartige öffentliche Sitzung sei immer ein grosses
Wagniss, weil die Spiritisten die Vorgänge nicht in der
Hand hätten. Aber das Phänomen habe verheissen, dass
die Sache gelingen werde, — und solche Verheissungen
gingen immer in Erfüllung. Das jetzige Phänomen sei höchst
wunderbar und in der ganzen spiritistischen Welt noch nicht
dagewesen. Glockentöne werden erklingen, aber nicht etwa
in Kästen, in die man Instrumente oder Grlöckchen gethan
hat, wie es ja sonst zu sein pflegt, sondern sie werden um
das Medium herumklingen. Und das sei äusserst wunderbar.
Es gebe eben Dinge, von denen sich die materialistische
*) Aus Nr. 199 der „Neuen Preussisehen (Kreuz- )Zeitung" vom
29. April 1896, Morgen-Ausgabe. — Der Sekr. d. Red.
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