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Kurze Notizen. 291
verwerthen können. — Sobald ich ins Wohnzimmer des
Herrn Reichel trete und nur eine kurze Zeit in demselben
weile, spüre ich eine nach und nach zunehmende Müdigkeit
, welche sich sodann beim Magnetisiren noch steigert;
auch fühle ich sofort einen sehr warmen, wohlthuenden
und belebenden Strom den ganzen Körper durcheilen. Nach
der jedesmaligen Behandlung schwinden die Schmerzen
immer mehr und mehr aus dem Körper; ebenso nehme ich
eine wunderbare körperliche und auch geistige Kräftigung
wahr. Auch komme ich während des Magnetisirens, sobald
Herr Reichel nur ein paar Sekunden ruhig seine Hände über
meinen Kopf hält, einen warmen sanften Strom fühlend, in
wenigen Augenblicken in einen Halbschlaf. Während ich
in diesem Halbschlafe alles wahrnehme, was in meiner
Umgebung vorgeht, habe ich dabei die herrlichsten und
verschiedensten Gefühle; z. B. sah ich einmal, als Herr
Reichel vor mir stand, unzählige tiefblaue goldene Flämmchen
auf seinem Kopfe schweben. Ferner entströmten unendlich
viele, herrlich leuchtende Fünkchen seinem Haar und seinen
Augen. Ein anderes Mal erschien mir Herr Reichel in
Flammen stehend, wobei eine starke Gluth von ihm ausströmte
, so dass ich es in seiner Nähe nicht lange aushielt;
gleichzeitig erblickte ich in diesem Halbschlafe weisse
Wolken und sehr viele hell glänzende Sterne. In einem
derartigen Halbschlaf befand ich mich immer sehr wohl und
fühlte mich körperlich so leicht, dass ich mich schwebend
glaubte, so dass ich es nicht gern hatte, wenn Herr Reichel
mich erwecken wollte. Nach dem Erwachen fühlte ich mich
immer bedeutend gestärkt. Jedoch der Tiefschlaf, in welchem
ich mich auch einige Male befand, kräftigte mich noch viel
mehr* Hiernach bemerke ich noch, dass ich nicht immer,
sondern nur manchmal, eine Rückerinnerung an die Erscheinungen
und Eindrücke während des Schlafes habe.
Besonders interessant dürfte vielleicht auch noch folgendes
sein: — nämlich, ich bin nie im Stande, Herrn Reichel anzusehen
; denn sobald* ich dies thue, erblicke ich hell
leuchtende Feuerfünkchen — so schnell wie zuckende Blitze
— aus seinen Augen sprühen, so dass ich dadurch sogleich
stechende Schmerzen in meinen Augen empfinde, welche mir
sodann bis ins Herz dringen und mich sofort einschlafen
lassen. Berlin N., Elsasserstrasse 14, den 1. April 1896.
Hoch achtungsvollst Hedwig Meichenow"
J) In „Vermischte Gedichte der Gebrüder Stäudlin
herausgegeben von einem Freunde der Familie (Stuttgart,
Sonnervaldj 1827) 2 Bdchn. — steht in der „Vorerinnerung",
S. XI Folgendes zu lesen: — „Untröstlich über einen solchen
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