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314 Psycbische Studien. XXIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1896.)
und Dichtung" XX. Buch. Vergleiche auch: — „Eckermann's
Gespräche mit Goethe" II, 62, 167, 202—204.] Er definirt
dieses „Dämonische" als „dasjenige, was durch Verstand und
Vernunft nicht aufzulösen ist." Demselben Eckermann
gegenüber sagt er (III, 142 und 141): — „Wir tappen alle
in Geheimnissen und Wundern. . # . Wir sind von einer
Atmosphäre umgeben, von der wir nocn gar nicht wissen,
was sich alles in ihr regt, und wie sie mit unserem Geiste
in Verbindung steht. So viel ist gewiss, dass in besonderen
Zuständen die Fühlfäden unserer Seele über ihre körperlichen
Grenzen hinausreichen können, und dass ihr zuweilen
ein Vorgefühl, ja auch ein wirklicher Blick in die nächste
Zukunft gestattet ist." — [Ich citire Eckermann7 s Gespräche"
nach der Ausgabe G. Molderihauer'% — Reclam.] Jedenfalls
wissen wir, dass der Schlüssel zum Eäthsel der Magie die
Anthropologie, und dass alle Zauberei psychologisch zu
erklären ist, denn „alle Wunder, lösen sich auf in Wunder
des eigenen Geistes!", wie Sanitätsrath Dr. H. B. Schindler
in seinem ebenso fleissigen, als geistvollen Werke: — „Das
magische Geistesleben" VIJ, 284 sagt. Es ist eben die im
menschlichen Geiste wohnende Kraft, auf die Dinge der
Aussenwelt direct und nicht auf sinnenfällige Weise einzuwirken
, — die ja sehr erklärlich ist; umschlingt doch ein
gemeinsames Band Makrokosmos und Mikrokosmos, und der
Mensch, diese Schöpfung im Kleinen, steht in tiefem Einklang
und in ununterbrochener Wechselwirkung mit dem
Weltenall, dieser Schöpfung im Grossen. Und ich kann
diese Studie nicht besser schliessen, als durch die Worte,
welche Agrippa von Nettesheim am 24. September 1527 an
Aurelius von Aquapendente schrieb, in welchen Worten er
seinen tiefen Glauben an magisches Wirken ausspricht und
diese unmittelbare, metaphysische Herrschaft des Menschen
über die Natur in einer Art erklärt, wie sie, vier Jahrhunderte
später, nicht besser von Hellenbach und du Prel
erklärt worden ist. Die bedeutungsvollen Worte aber
lauten: —
„Was man nun Grosses von der unbesiegbaren Gewalt
der magischen Kunst, von den wundersamen Bildern der
Astrologie u. s. w. liest, erzählt und schreibt, wird als
nichtig, erdichtet und falsch erfunden werden, so oft man
es buchstäblich auffasst. Aber dennoch wird dergleichen
von den bedeutendsten Philosophen und heiligen Männern
berichtet; sollen wir deren Ueberlieferungen Lügen nennen?...
Du sollst wissen, dass wir die Ursachen so grosser Wirkungen
nicht ausser uns suchen sollen; in uns ist ein wirkendes
Wesen (Operator), welches Alles ohne Beleidigung Gottes
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