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Bohn: Der erste Kongress deutscher Occuitisten in Berlin. 331
dieser Bewegung — du Prel, Hübbe-Schleiden, v. ff artmann
u. v. a. — den Verhandlungen fern geblieben. Auch Oesterreich
, England und Dänemark waren vertreten.
Der Kongress wurde durch eine Ansprache*) des Vorsitzenden
, Pfarrers Gubalke - Berlin, eröffnet. Mit grossem
Geschick griff der Redner alle jene Momente heraus, die
den verschiedenen Richtungen gemeinsam sind, und vermied
auf der anderen Seite jegliche Polemik. Es war daher vom
Kongress sehr klug, diesen objectiven Mann zum Leiter
seiner Verhandlungen zu wählen. In der That zeigte er
sich auch der Situation gewachsen. — In ähnlichem Sinne,
wie Gubalke, sprach sich Bahn-Berlin aus, der den wissenschaftlichen
Character des ganzen Verbandes betonte*und
zur Discussion über den eigentlichen Verbandszweck
aufforderte.
Bis hierhin hatten nur Redner der „Sphinx4<-Berlin
gesprochen. Man durfte gespannt sein, wie sich die anderen
Städte aussprechen würden. Ueber der ganzen Debatte
schwebte eine sehr begreifliche Zurückhaltung. Sollte
überhaupt eine Einigung dieser heterogenen Elemente zu
Stande kommen, so musste jeder Redner versuchen, den
eigenen Standpunkt zu fixiren, ohne den gegnerischen anzugreifen
. Daher hielt sich jeder möglichst von Polemik fern;
man übte nur selten Kritik und selbst offensichtlich unhaltbare
, ja absurde Ansichten blieben unwidersprochen. Dies
wird das Auftreten manches Redners erklären und entschuldbar
machen.
Als erster Diskussionsredner sprach ein Dr. Meissner-
Berlin. Seine Rede war ein Schlag in*s Wasser. Meissner,
ein offenbarer „homo novus" im Occultismus, rieth zum An-
schluss an die Egidy'schen Bestrebungen und an die ethische
Kultur. Es liegt eine bittere Ironie in dem Gedanken,
einen Verband, der für die Vertiefung psychologischer
Probleme eintreten soll, in das seichte Fahrwasser der
„Ethischen Kultur" zu steuern. Mehr konnte wohl kaum
Jemand den Verbandszweck verkennen! Schliesslich verlor
sich der Redner derartig in seinem Ideenkreise, dass ihn
energische Zurufe zum Schluss seiner Ausführungen veranlassten
.
Einen vollständig anderen Standpunkt entwickelte der
Breslauer Vertreter. Im Gegensatz zu den vorangegangenen
Reden betonte er, dass der Verband nur exakt-wissenschaft-
*) Ich gehe auf die einzelnen Reden nicht näher ein, da das
Stenogramm darüber von Seiten des Verbandes im Druck erscheinen
soll und der wissbegierige Leser sieh darin des Näheren orientiren kann.
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