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332 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1896.)
liehe Zwecke verfolgen dürfe. Seine Aufgabe sei lediglich,
eine Gruppe bisher wenig beachteter psychologischer Phänomene
zu erforschen und den einzelnen Mitgliedern ihre
Forschungen zu erleichtern. Mit Aufstellung philosophischer
Doktrinen habe er nichts zu thun. Das sei Sache der
Einzelnen, nicht des Verbandes.
Diese Ausführungen stiessen mehrfach auf Widerspruch.
Doch förderte die Diskussion keine neuen Standpunkte zu
Tage, — die Theosophen schwiegen sich konsequent aus, —
und man wählte daher eine Siebener-Komnission zur Durch-
berathung des von der Sphinx-Berlin vorgelegten Statutenentwurfes
. In dieser Kommission waren die sämmtlichen
Richtungen berücksichtigt worden. — Zum Schluss verlas
der Schriftführer noch die eingelaufenen Schreiben und
Anträge.
Damit schloss der erste Kongresstag, und die Kommission
begann ihre Arbeit. Die Sitzung der Kommission
war eigentlich der interessanteste Theil des ganzen Kongresses
. Hier traten die heterogenen Auffassungen vom
Zwecke des „Oeeultismus" in ihrer ganzen Schärfe hervor.
Eine Einigung schien fast unmöglich. Was schon jeder
mit den Verhältnissen Vertraute vorhergesehen hatte, drängte
sich mit immer grösserer Klarheit auf: dass der neue Verband
nur durch einen Kompromiss zu Stande kommen
würde. Konnte es grössere Gegensätze geben als die
Forderung der Theosophen, der Verband müsse für eine
metaphysische Weltanschauung eintreten, und die Ansicht
des Breslauer Vertreters, es sei für den Verband gleichgültig
, ob die psychologische Forschung beim Materialismus
oder Idealismus ende? Schliesslich einigte man sich
bezüglich des § 1 in einer Weise, die inhaltlich ungefähr in
den § 1 des Verbandsstatuts überging.
lieber die anderen, mehr die Technik des Ganzen
ordnenden Paragraphen kam man ohne weitere Diskussion
zur schnellen Einigung. Nur beim letzten § — die Feststellung
einer Verb&ndszeitsckrift" betreffend — geriethen
die Stimmungen wieder hart an einander. Hier handelte
es sich ja um praktische Interessen, bei denen man bekanntlich
am genauesten acht zu geben pflegt. Der ßreslauer
Vertreter bekämpfte auf's entschiedenste den Vorschlag,
eines der bestehenden Journale zum Verbandsorgan zu
erheben. Das hiesse, auf Kosten anderer Zeitschriften eine
einzige bevorzugen und mit Zwangskurs versehen. Die Begründung
eines neuen Verbandsblattes ohne Beschränkung
des Inhalts würde andererseits den schwer ringenden
alten Journalen eine neue Konkurrenz schaffen. Man
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