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Iiiig: Eine Wirkung, aber keine Ursache?! 363
wo ich zum ersten Mal in dieser Gespensterherberge
logiren sollte. Praglich ist es, ob ich mich überhaupt noch
der Erzählungen erinnerte, als ich mich zu Bette legte. Die
Nacht verging, der Tag brach an, — aber von einem
Gespenst keine Spur. So die zweite Nacht, so die dritte,
so ein ganzes Jahr lang. Kein Geist! Unruhig war es bei
Nacht in dem Haus, aber du lieber Gott, wo ist es nicht
unruhig, und wie vielerlei Ursachen können eine Unruhe
herbeiführen. Wind, Katzen, Mäuse, Ratten u. s. w.
In den ersten Wochen war ich eines Abends einmal
eben zu Bette gegangen, als ich zwischen meinem Bett
und der Wand ein Geräusch vernahm; es war, als krabbelte
etwas in die Höhe und käme auf mein Kopfkissen. Einen
Bettgenossen verschmähend, warf ich das Kissen hinunter,
auf dem ich das Thierlein vermuthete, aber es war nichts.
Oft wachte ich an einem Schlage auf. Da war es, als ob
Jemand mit einem Stock auf einen Tisch hineinschlüge,
immer blos einmal; aber ich fand mich mit diesen Schlägen
rasch ab, ohne etwas Besonderes dabei zu denken. Hier
und da raschelte es in meinem Ofen, wie wenn Jemand
Feuer anmachen wollte. Aber: — konnte nicht eine
Fledermaus durch's Kamin heruntergekommen sein? Zu
gewissen Zeiten vernahm ich ein Gerumpel über meiner
Zimmerdecke, wie wenn man Fruchtsäcke umwerfen würde.
Das konnte ja von dem grossen Hauskater herrühren. Kurz
und gut, nicht im geringsten wurde ich von alledem
gemütlich beeinflusst; ja, ich machte mir ein Vergnügen
daraus, die Hausbewohner mit dem „Lotscher" zu foppen.
Mittlerweile waf der zweite Winter ins Lan.d gezogen, und
ich war mit dem Haus und mit meinem Zimmer so vertraut
geworden, als hätte ich das Licht der Welt darin erblickt
und Vater- und Mutterliebe darin genossen. Den Leser
interessirt's vielleicht, zu erfahren , wie ich gewohnt habe.
Hundert Treppenstufen hoch im dritten Stockwerk war mein
Studier-, Rauch- und Schlafsalon. Neben demselben befand
sich noch ein Zimmer, in welchem ein anderer junger Lehrer
gleich mir sein idyllisches Dasein fristete. Dann hatten
wir beide noch eine Küche, in der wir unsere Stiefeln und
Kisten aufbewahrten und ein Holzkämmerlein. Diese
sämmtlichen Gelasse waren durch eine Glasthüre für sich
abgeschlossen. Das sah etwa so aus: —
(A = Zimmer meines Kollegen, B = mein eigenes Zimmer,
C = Küche, D = Voröhrn [Vorsaal], E — Holzkammer.
a = Glasthüre, b—g = sonstige Thüren. 1 Kleiderkasten,
2 « Bett, 3 — Tisch.)
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