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Wittig: Parallelfälle zu dem nächtlichen Schreckgespenst etc. 375
kommen von „Irrlichtern" in das Reich der Fabel verweisen,
obwohl ein Bessel, Goethe, Knorr, Vogel, List dafür Zeugniss
ablegen. Herr Oberlehrer a. D. Steinvorth in Hannover hat
im XIII. Jahresheft des „Hannoverischen Naturwissenschaftlichen
Vereins" den Versuch gemacht, sämmtliche Irrlichtphänomene
durch Lampyridae, d. i. Leuchtkäfer, zu erklären.
Das wird allein schon durch die Beobachtung Knorr's
widerlegt, der eine halbe Stunde lang ein dicht vor ihm
stehendes Irrlicht beobachtet, und seinen mit Messingblech
beschlagenen Stock in die Flamme hält. Prof. Knorr
erklärt die Länge der Flamme für 5 Zoll, die Breite für
1 */2 Zoll; unser Johanniswürmchen ist aber blos 9—12 mm
lang, und nur im Hintertheile liegen seine Leuchtorgane, die
nach der Begattung erloschen. Bei Studiosus List (der
auch im April-Heft 1896 S. 195 erwähnt ist) entstehen die
Flämmchen mit einem Knall. De La Selve und Zanotti zünden
Werg, den sie an Stöcke festgebunden, an Irrlichtern, welchen
sie nacheilen, an. — Ich meine also (— und habe dieser
meiner Meinung privatim Herrn Oberlehrer Steinvorth vis-il-vis
Ausdruck gegeben —), dass man das, was gemeiniglich
unter dem Namen „Irrlichter" zusammengefasst wird, sich
in vier Kategorien eintheilen lässt: —
1) Beobachtungen von Flammen- oder Flämmchen-
artigen Irrlichtern; dieselben bewegen sich hüpfend oder
stehen still. Hierher gehören die Beobachtungen von Besset,
Knorr, Vogel, List, Sarracin u. s. f.
2) Beobachtungen von Flammen oder Flämmchen von
verschiedenen Dimensionen, welche entschieden Folgen
chemischer Zersetzungsprocesse oder electrischer Vorgänge
sind. Hierher gehören die Fälle Zanotti, De La Selve, Chladni,
auch das „St. Elmsfeuer" auf Schiffen.
3) Beobachtung von scheinbaren Irrlichtern, welche
sich später als optische Täuschungen oder Illusionen herausstellen
. (Z. B. wenn ein Herr Prof. W. G. in L. „Würmer
suchende4' Fischer mit ihren Laternen, im Finstern einer
Novembernacht, für Irrlichter hält.)
„Endlich 4) gehen die Irrlichter, die bisher nur auf
chemisch-mechanische Weise zu erklären versucht wurden,
über in das grosse, noch so wenig durchforschte Gebiet der
Mystischen Lichterscheinungen.
„Vielleicht darf ich dies Gebiet — im Anschluss an
Spukerscheinungen überhaupt — noch ein Mal in Ihrem
werthen Journal näher beleuchten und erklären.
„Für heute habe ich Ihre Zeit schon lange genug in
Anspruch genommen. Neuerdings habe ich Mandefs: —
„Sieg von Möttlingen" — gelesen. Es ist sehr dankens-
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