http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0386
376 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 8. Heft (Augast 1896.)
werth, dass er Blumhardfs Bericht*) weiteren Kreisen
zugänglich gemacht hat, und dieser Theil des Buches hat
mich auch sehr interessirt. Weniger haben mich seine
Erläuterungen befriedigt, und der Ton des echt pfäffischen
Geisteshochmuths ist oft geradezu widerlich!
„Die beiden Zeitungsausschnitte aus den „Münchener
Neuesten Nachrichten lauten: —
I.
* Mysteriöse Flammen. — Aus Paris wird der
„N. Fr. Pr." gemeldet: — In der Umgebung von Epernay
und Rheims herrscht grosse Aufregung. Die Bevölkerung
des Städtchens Avize bildet sich ein, dass ihr Ort auf einem
Vulkan stehe, der plötzlich auszubrechen anfängt. In der
letzten Zeit konnte man wohl in Frankreich verschiedene
Formen von Hallucinationen „ausbrechen" sehen, aber
keinen Vulkan. Heute scheint die Bevölkerung des kleinen
Ortes von einer solchen Hallucination erfasst worden zu
sein. Verursacht wurde sie durch eine Beihe kleinerer
Brände, die seit acht Tagen aus nicht festgestellten Ursachen
aufeinander folgten. Der Berichterstatter der „Patrie" fasst
die Thatsachen, welche er an Ort und Stelle erhoben hat,
folgecdermaassen zusammen: — „Ich fand Avize in grösster
Aufregung. Sonntag um 6 Uhr Morgens brach in der Fabrik
von Notredame eine Flamme hervor, welche vom Pflaster
ausging und mehrere Säcke mit Korinthen verzehrte. Von
Zeit zu Zeit, seit einer Woche ungefähr, wollen Leute
beobachten, dass Flammen aus dem Boden oder dem
Mauerwerk steigen, Alles verkohlend oder verbrennend. Bei
einem Kaufmanne haben sich Kästen an den Füssen entzündet
, Donnerstag sei ein Sessel in einem Laden in Brand
gerathen. In derselben Nacht habe man eine starke Flamme
aus dem Steinpflaster hervorkommen sehen, in einem Stalle
sei Feuer die Wand emporgezüngelt. Der Stadtarchitekt
von Epernay sowie die politische Behörde leiteten Erhebungen
ein, die bisher ohne Erfolg waren. Man erwartet jetzt die
Ankunft des Mineninspectors, welcher die Sache untersuchen
und feststellen soll, dass eine Hallucination vorliegt, von der
der ganze Ort angesteckt ist." („Münchener Neueste Nachrichten
" v. 21. Mai 1896.)
*) Vom Pfarrer Blumhardt brachten die „Psych. Stud." bereits
im Jahrg. 1882 Mai-Heft S. 200 ff. eine Keihe von Artikeln, die wir
dem Grossvater des Herrn Magnetiseurs Reichel, dem Magnetiseur
Neubert, verdankten, der die allerdings in den Namen vielfach fehlerhafte
Abschrift (vergl. Mai-Heft 1884 S. 250) davon durch den damals
noch lebenden Herrn Baron Felix v. Stein auf Gr. Kochberg bei Rudolstadt
uns tiberhändigen Hess. — Der Sekr. d. Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0386