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380 Psychische Studien. XKIII. Jahrg. 8. Heft. (August 1890.)
Erscheinen des blauen Hutes, den er zu tragen pflegte,
allgemeinen Schrecken erregte. Endlich gelangte die
gerechte Klage bis an den Landvogt, der dem Ritter wegen
seiner Härte eine ernste Rüge ertheilte. Dem Volksglauben
nach aber büsst 'Blauhüter seinen Frevel noch nach dem
Tode dadurch, dass er Nachts als wilder Jäger einher
ziehen muss bis zum jüngsten Tage. An einem alten, in
Holz geschnitzten Altar in Schönau war diese Sage sogar
bildlich dargestellt. Im Hintergrunde erblickte man die
Burg auf dem Hutberge, am Fusse demselben eine Jagd,
im Vordergrunde aber einen Herrn in spanischer Tracht
(den Landvogt) mit bedecktem Haupte, vor dem sich ein
anderer mit einem blauen Hute in der Hand (Ritter
Bernhard) demüthig bückte.
„An die Ruinen auf dem Schönauer Hutberge knüpfen
sicli die gewöhnlichen Sagen von einem dort in einer
Braupfanne versenkten Schatze*) und von verschiedenen
misslungenen Versuchen, ihn zu heben.
„Scheinbar eigenartig, losgelöst vom Zusammenhange
mit anderen Sagen, ist die vom Schmied an der
Weissbach und doch nichts weiter als eine vom Volksgeiste
vollzogene Umdichtung der Sage vom wIithenden
Heer oder dem wilden Jäger, oder vielmehr deren
Anpassung an eine ganz bestimmte, engbegrenzte Oertlich-
keit. Die Sage [?] vom wüthenden Heere ist den Bewohnern
des Eigenschen Kreises zunächst zur Sage vom Blauhütel
oder Berndietrich geworden, der sein Wesen um den
Schönauer Hutberg her treibt. Sie gingen aber in deren
Lokalisirung noch weiter, Am Westrande des kleinen
Nonnenwaldes entspringt aus moorigen Wiesen ein kleines
Bächlein, Weissbach genannt. Es hat sich sein geschlängeltes,
von Ufergesträuch beschattetes Bett in den Thalgrund gegraben
, der die vom Pliessnitzthale gegen Süden sich hinziehende
Hochebene durchschneidet. Nach einem Laufe von
etwa zwei Stunden Länge vereinigt die Weissbach ihr klares,
von Forellen belebtes Wasser mit dem der Pliessnitz. Die
Weissbach ist ein echtes Wiesenwässerchen. Nur in seiner
Mündungsgegend kommt es menschlichen Wohnungen nahe,
sonst aber fliesst es in stiller Feldeinsamkeit dahin; nur
von wenig Stegen ist es überspannt, und in seinen nie
versiegenden Fluten spiegelt sich selten ein anderes Auge
als das blaue Blumenauge des Vergissmeinnichts, dessen
Wurzel sie befruchtend netzen.
*) Aehnlich wio im Striegauer Breiten Berge, vergl, „Psych.
Stud." August-Heft 1895 S. 844ff. die Note. - Der Sekr. d. Iied.
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