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Buttenstedt: Zum Räthsel des Daseins. 389
Aethers, ein Spiel von jedem Druck der Luft, ein reines
physikalisches Automat, ein blosses Radiometer, was
sie doch offenbar nicht ist." —
Diese Bemerkung giebt mir Gelegenheit, weiter auf
bereits in meinen früheren Zeilen gestreifte Gedanken einzugehen
.
Ich möchte nämlich nur nachzuweisen versuchen, dass
die physische Lebenskraft zumeist an das elastische Atom
gebunden ist; dass aber auch in diesen elastischen Kraftstoffen
zugleich Geiststoff enthalten ist, glaube ich ja
auch wohl, doch wage ich mich hier nur auf das rein
mechanische Gebiet der Kraft. Dass eine Vernunft,
eine hohe Intelligenz, im oder am Stoff, aus dem die
Schwungfedern des Vogels gebaut werden, thätig sein muss,
hob ich ja schon hervor, weil diese Flugmaschine Winkel
enthielte, die der ingeniöseste Baumeister nicht sachgemässer
konstruiren könne; aber der Schwebeflug grosser Vögel in
windstiller Luft, in der die Thiere ohne fünfzehn bis zwanzig
Minuten lang nur einen einzigen Flügelschlag zu thun, mit
gleichmässiger Geschwindigkeit umherschweben, brachte mich
auf den Gedanken, dass hierbei zwei Kräfte thätig sind, die
miteinander, oder gegeneinander arbeiten, und zwar eine
willkürliche und eine unwillkürliche Kraft. Die unwillkürliche
Kraft arbeitet nur, wenn sie von der willkürlichen
dazu angeregt, geweckt oder gezwungen wird, andernfalls
ruht und schlummert sie, und so fand ich denn, dass die
willkürliche Kraft, die beim Schwebefluge thätig ist, in der
passiven (nicht recht zum Bewusstsein gelangenden)
Muskelkraft — nach Goethe in der Kraft der süssen
Gewohnheit, mit der wir uns einfach stehend auf den
Beinen erhalten, — Hegt, und dass die unwillkürliche
Kraft, die sonst schlummernde Energie, die ohne Anregung
ruht und keinerlei Kraft oder Arbeit zu leisten im Stande
ist, in der elastischen Spannkraft des Flugmaterials
ruht. Diese zweite, unwillkürliche Kraft ist
es aber, welche meiner Ansicht nach den Schleier lüftet,
der sich über das Räthsel der Weltmechanik, sowohl
des Makrokosmus wie Mikrokosmus, breitet, denn die
mechanischen Gesetze, die für den Umschwung der Weltkugeln
gelten, die gelten auch für die Bewegung des
wachsenden Keimes und für die des Infusionsthieres; —
durch die ganze Natur zieht sich wahrscheinlich nur ein
einziger mechanischer Gedanke von höchster
Einfachheit, und zwar der: —
Die willkürliche Schöpferkraft wirkt gegen die
elastische Spannkraft des Weltäthers, stört
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