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390 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 8. Heft. (August 1896.)
dessen elastisches Gleichgewicht, die elastische
Ruhe, — ruft also Spannkraft hervor, und diese
geweckte Spannkraft ist nun sofort bestrebt, die
Ruhe-, die Gleichgewichts- Lage wieder herzustellen.
In dem Gregeneinan-derarbeiten dieser beiden
Kräfte liegt das weltmechanische Greheimniss.
Die Schöpferkraft, die als A etherschwingung das All
durchströmen soll, ist die aktive Kraft, die Schöpferin der
Bewegung; die Spannkraft im Weltäther ist die passive
Kraft, die Schöpferin der Ruhe und des Gleichgewichts;
in der Störung und versuchten Wiederherstellung der
Ruhe liegt der Grund aller mechanischen Erscheinungen
im Universum, im Kreisen der Sonnen und
im Herzschlag der Mücke: — wo wir hinblicken mögen in
der natürlichen Bewegung im Weltall, überall arbeitet in
letzter Linie an den Bewegungen die unwillkürliche
Kraft der Elasticität; dann die Elasticität ist eine
Kraft, welche die Fähigkeit besitzt, eine fremde Kraft in
sich aufzunehmen, zu sammeln und zu gelegener Zeit genau
in der empfangenen Grösse wieder zurückzugeben; sie ist
daher die Kraft der Oekonomie, sie ist die Krafterhaltung
selbst!
Diesen Gedanken der Wirkung zweier Kräfte im
Weltali fand ich zu meiner Freude ähnlich \m September-
Heft der Zeitschrift „Sphinx" von 1895 in einer Abhandlung
über altindische Theosophie von Annie Besani] ich weiss
aber nicht, ob sich dieser Gedanke völlig mit dem meinigen
deckt. Dort ist die Rede von einer aktiven und von
einer passiven Seite des Weltalls, — die aktive Seite
befruchtet, die passive Seite erhält oder ernährt
das Weltall. — Dass mit der aktiven Seite der „grosse
Odem", die das All durchströmende Schöpferkraft gemeint
ist, das ist mir klar, nur glaube ich, dass mit der passiven
Seite mehr der Weltäther als Stoff gemeint ist und damit
gesagt sein soll: — alle Materie sei ein Stoff, d. h. der
„grosse Odem" sei nur der Stoff im strahlenden, bewegten
Zustande, während er im Weltäther nur als ruhender Stoff
sei. Und in der That kann es auch gar nicht anders sein;
denn wenn die lebendige Schöpferkraft als strahlende Materie
ununterbrochen in das Weltall hinausfluthet, so muss sie
doch eigentlich abnehmen,*) und da ist es doch nicht anders
*) Hierüber kann man jedoch total abweichender Meinung sein.
Die Schöpferkraft könnte nur dann jemals als abnehmend gedacht
werden, wenn sie nur allein an den schon vor ihr oder mit ihr zugleich
vorhandenen Weltäther gebunden wäre. Wie aber, wenn sie selbst
den Weltäther sich je nach ihrem Bedarf erst schaffen würde? Dann
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