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Duttenstedt: Zum Räthsel des Daseins. 393
nicht kümmern. Der durch willkürliche Kraft aufgespannte
Leib drückt dermaassen auf die eingeführten Stoffe, dass ein
Theil derselben in Gasform aus der Haut hinausgepresst,
der flüssige Theil aus dem Urinkanal und der festere Theil
aus dem Darmkanal entfernt wird, — in diese Kanäle treibt
nur die unwillkürliche elastische Spannkraft die Ausscheidungsstoffe
, ohne dass uns dieser zweite Theil der
Verdauungsarbeit zum Bewusstsein gelangt. Denn müssten
wir auch diese zweite Arbeit noch durch willkürlich ausgeübte
Arbeit leisten, dann würden wir den ganzen Tag
nicht mit unserer Ernährungsarbeit fertig werden, — nein!
darin liegt die grossartige Kraftökonomie im Universum: —
es wirkt nur eine einzige Kraft — die active Schöpferkraft,
— aber sie weckt durch ihre Energie die elastische Spannkraft
aus ihrer Ruhe und schafft dadurch eine äquivalente
Rückkraft, so dass die Schöpferkraft nunmehr Kraft und
Rückkraft leistet, gleich wie der Bogen, den die Armkraft
spannt, durch Entspannung den Pfeil schleudert. Ohne die
schöpferische Armkraft kann der Bogen den Pfeil nicht
schleudern, aber auch ohne die Bogenkraft kann die Armkraft
den Pfeil nicht so weit schleudern, als dies die
aufgespeicherte Kraft im Bogen vermag, weil die elastische
Kraft zur Abgabe ihrer Rückarbeit die Eigentümlichkeit
hat, die grosseste Zeitkürze zu verwenden, — die elastische
Entspannungsbewegung geht stets in der denkbar kürzesten
Zeit vor sich und erspart deshalb Zeit
Es waltet somit auch eine Zeitökonomie bei der Arbeit
elastischer Entspannungskraft vor, und das ist nicht der
geringste Grund, warum die Elasticität gerade als antagonistische
Kraft im Weltall in den Dienst gestellt ist.
Ich halte deshalb die elastische Energie im Universum für
die wichtigste Kraft nach der Schöpferkraft, weil letztere
sich gar nicht bethätigen könnte ohne die elastische Energie,
die das wieder aufbauen muss, was die Schöpferkraft
einreisst; sie ist die Wächterin des Ruhezustandes, die
Hüterin des Gleichgewichts, die Wiederherstellerin des
früheren Zustandes, der von der Schöpferkraft gestört war.
Annie Besant sagt: — „Begreift man den Geist des
Menschen, so begreift man auch das ganze Weltgebäude",
und Geheimer Rath, Professor von Rindfleisch äussert: —
„Es werden sich Theile im Weltganzen finden lassen,
in denen das Prinzip des Ganzen wieder zum Ausdruck
kommt." — Solche Theile sind aber die Lebewesen, auch
gewissermaassen Stoffe, die sich selbst bewegen, in denen
also Kraft und Stoff bestmöglich zu einer Einheit verschmolzen
sind. Nun, dieses „mechanische Prinzip", das
Psychische Stadien. August 1896. 26
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