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396 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 8. Heft (August 1896.)
erst nöthig zu haben, diese Nahrung durch Feuer und
Kochkunst schmackhaft, aber unnatürlich zu machen.
Es ist kein Geschöpf von der Natur hervorgebracht,
ohne dass die Natur nicht auch die Nahrung zur Fortexistenz
des Geschöpfes geschaffen hätte, und ohne nicht
auch dem Geschöpfe einen untrüglichen Wegweiser zu seiner
Nahrungsquelle mit auf den Lebensweg zu geben. Dieses
untrügliche Fünf-Richter-Collegium der Nahrungsfrage ist
eben dieser Instinktsinn, der uns sagt, dass wir Alles das
essen können, was wir roh aus der Hand der Natur erhalten,
und das sind Früchte, Beeren, Nüsse u. s. w. Bratöfen,
Schmorpfannen, Kochtöpfe, Schnapsflaschen, Salzfässer,
Essigkruken, Mostrichbüchsen, Weinflaschen, Würste, Ci-
garren u. s. w. lässt die Natur nicht wachsen.
Mag uns die Wissenschaft so vielmal vorrechnen, dass
wir hier im Norden diese scharfen Speisen und Getränke
geniessen müssen, das macht den Weg doch nicht richtig,
den wir in der Nahrungsfrage irrend gehen. Jede Speise,
die gekocht und künstlich zubereitet wird, verliert die
Naturkraft, ihren natürlichen Saft; wir müssen bedenken,
dass kein Felsquell so reines Wasser enthält, als dies der
Saft der Früchte ist, ja ich bin der Ansicht, dass der
kränkste Mensch gesundet, wenn er Bewegung in freier Luft
hat, nur rohes, ungekochtes Obst geniesst und sich mit
untergehender Sonne zur Ruhe begiebt, aber auch früh mit
der Sonne sein Lager verlässt und ins Freie geht, wo er
bei geeigneter Temperatur auch öfter seinen völlig entblössten
Körper dem Licht und der Luft aussetzen muss. Die <grösste
elastische Kraft zieht der Mensch aus der frischen Luft.
Die neuesten Versuche zeigten, dass Luftbäder direct
stärkend, ein Wasserbad nur reinigend wirkt, und das liegt
eben daran, dass die Luft äusserst elastisch ist, das Wasser
aber auch nicht eine Spur von Elasticität besitzt; und
daher erklärt es sich nach meiner Spannungstheorie, dass
alle Bergvölker, die von frischer Luft geradezu leben, so
muskelkräftig und nervenstark sind. Reine Luft ist die
Hauptnahrung des Menschen, denn sein elastisches Element
ist ja concentrirter Weltäther aus der Luft; darum ist freie
Gottesluft unsere eigentliche Hauptnahrung *) Es ist meine
*) Aebnliche Lehren würde der Herr Verfasser auch in Andrew
Jackson Davis1 Werken gefunden haben, wenn er schon mit denselben
bekannt geworden wäre, besonders in dessen Hauptwerk — „Der
Arzt" (Leipzig, Oswald Mutze, 1873). In weiterer Erläuterung seiner
Ansicht gegenüber meiner Anmerkung sagt Herr B. in seinem neueren
Antwortschreiben: — „Es hat ja den Anschein, als ob der Geist
des Menschen mit dem Astralkörper den festen Körper verlässt, sodass
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