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Reich: üeber räthselhafte Erscheinungen.
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Nervenhaut des Auges wahrgenommen werde, verschiedene
Farben und Formen bekunde; dass die hypnotische
Suggestion in bestimmtem Maasse die Beschreibung des
Fluidums abzuändern vermöge, und darum die grösste
Vorsicht bei Experimenten geboten sei; dass unsere gegenwärtigen
wissenschaftlichen Hülfsmittel zureichen, um Entstehung
und Wahrnehmung des Fluidums zu erklären. Die
Ausströmungen, deren Farbe theils blau und theils roth,
aus den Organismen leiteten sich zurück auf „konstitutionelle
Vibrationen der Körper, welche auf die umgebende Luft
sich übertrügen", und auf Entweichen gewisser körperlicher
Theilchen selbst. — Also, nach meiner Auffassung, entströmt
dem Körper: Kraft, Aether und Stoff, Barety nennt das
Fluidum strahlende Nervenkraft, Reichenlach Od, u. s. w.
Nun aber kommt Rochas zu seinem eigentlichen Gegenstand
: zu der Exteriorisation des Empfindens.*) Durch
Magnetisirung bestimmter Personen unter gewissen, in dem
oben erwähnten Buche genau angegebenen Verhältnissen
hört deren Haut auf, Eindrücke wahrzunehmen; aber finden
diese selben Eindrücke auf die in mehr oder minder grosser
Entfernung über der Haut befindliche Luftschicht statt,
so werden sie von dem Individuum wahrgenommen. Ausserdem
können, bei unempfindlich gemachter Haut, die auf
dem Körper entnommene Säfte, Haare, Abschnitte von
Nägeln u. s. w. hervorgebrachten Eindrücke so wahrgenommen
werden, als ob sie die normale Haut getroffen
hätten. Ja, noch mehr, der Magnetisirte verliert die Fähigkeit
der Empfindung, und wird der Eindruck auf den mit
ihm rapportirenden Menschen ausgeübt, so fühlt denselben
der erstere. Es wird noch mancher Tropfen Wasser den
Sanct-Lorenzo hinunterfliessen, bevor man im Stande sein
wird, eine richtige Erklärung zu geben.
Diese und verwandte Gegenstände werden in dem
Buche von Rochas in allen ihren Beziehungen auf Grund
sehr zahlreicher Thatsachen erläutert und in ihrem Ver-
hältniss zur Geschichte, zur Heilung von Krankheiten, zur
Psychologie u. s. w., examinirt. Wir haben es da mit einem
höchst interessanten Werke zu thun, welches zu aufmerksamem
Studium einladet und zu psychologischen Versuchen
anregt. Vorzüglicher Druck gereicht dem Buche zum
VortheiL
Scheveningen in Holland, den 7. November 1895.
Dr. Eduard Meich.
*) Man vgl. hierüber „Psych. Stud." Juli-Heft 1893 S. 321 ff. —
Der Sekr. d. Red.
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