Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
23. Jahrgang.1896
Seite: 405
(PDF, 187 MB)
Bibliographische Information
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Wittig: Leuchteode Bäume als Visions-Erreger etc. 405

denn inmitten derselben ging die stattliche Thür auf, und
eine gut bekannte irländische Nachbarin hob ihren Zeigefinger
ominös in die Höhe und sagte: — ,So warte doch
nur ein bischen. Es ist Deine eigene arme Mutter, die
so eben im Sterben liegt! Du lauter Bursche wirst sie,
das gute Herz, tödten mit Deinem Lärm. Es ist eine
gewaltig traurige Neuigkeit für Dich. Sicher ist Sterben
kein Kinderspiel. Geh' sacht hinein und sprich noch ein
wenig mit Deiner Mutter!' — Diese ganz feierliche Rede
schien mir äusserst lächerlich! Konnte ich denn nicht
sehen? Wusste ich es nicht besser? Die Halle vor mir
war geräumig, die Wände glitzerten von goldenen Verzierungen
, die Treppe, auf die sie hinwies, strahlte von blumigen
Teppichen, und war ich nicht der stolze Sohn der gesunden
und glücklichen Mutter, welcher dieser Palast gehörte? —
Ich hatte, wie ich glaubte, Beweise genug, dass die mitfühlende
Irländerin einfach meine Heiterkeit dämpfen wollte,
sodass die Freude über unsere neue Heimath ruhiger auf
mein Gemüth einbrechen möchte. Und so wollte ich mich
nicht zurückhalten lassen. Laut lachend über ihre närrischen
Worte der Vorsicht sprang ich an ihr vorüber durch die
verzierte Thüre. Augenblicklich verschwand die
glänzende Vision! Der schwarze Schleier lag
wieder vor mir! Er fiel, — und siehe da! das ärmlich
ausgestattete Zimmer — das düstere Bett — das abgemagerte
Weib — ach: ich stand inmitten von Armuth und Tod!
Wer kann meine Gefühle schildern?*) Der Doktor flüsterte:
— ,Sie stirbt!' — Abermals redete mich die mütterliche
Irländerin in einem gedämpften Tone an: — ,0 mein
Junge! Du solltest die Bibel lesen. Das wurde Deine gute
Mutter jetzt erretten. Arme Seele! sie verlässt nun die
Welt, und wenn Du für ihren ewigen Frieden beten willst,
so ist es jetzt Zeit. Die bessere Welt nach dieser ist ihr
Theil. So lass jetzt Dein Singen und Tanzen, Junge! Sie
wird bald auf einem langen Wege sein, und Du wirst es
erst erkennen, wenn sie todt ist, denke daran!' — Aber%
ich konnte nicht weinen. Ich fühlte mich nicht einmal
traurig. In der That war ich von einem gewissen unbezähmbaren
Enthusiasmus erfüllt, über den ich mich
höchlich verwunderte. Trotz meines Vaters schmerzlicher

*) Es war eine ganz ähnliche augenblickliche Ernüchterung, wie
ich sie nach meinem Nervenfieber in Breslau i. J. 1855 erlebte, als ich
von meinen Prinzessinnen-Schätzen aus den Serail-Gärten zu Konstantinopel
das erste Mal wieder zum Gefühle der rauhen sinnlichen Wirklichkeit
erwachte (s. „Psych. Stud." Juli-Heft 1885 S. 316 ff.; man
vgl. hierzu noch Januar-Heft 1887 S. 37 ff.).— Der Sekr. d. Red.


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