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406 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 8. lieft. (August 1896.)
Niedergebeugtheit und meiner Schwester reichlichen Thränen
floss ich von Freude über! Ich hätte gern ausgerufen: —
'Ist hier nicht gut sein? Was für ein grosses Haus haben
wir! Mutter! bist Du nicht eine Königin in einem schönen
Paläste?' — Ich sprach jedoch nicht, sondern blickte nur
mit einer in meinem Herzen wohnenden wilden Freude
umher, 'Ist dieses Gefühl nicht ein gottloses f fragte ich
mich selbst. Der antwortende Gedanke sagte aber: —
,Nein, Du kannst nicht anders.' Und das war in der That
die Wahrheit. In diesem besonderen und ausserordentlichen
Geisteszustände (für den ich keine andere Erklärung als
die des Träumens hatte) war ich Zeuge von dem Tode der
vertrauten Gefährtin meiner Kindheitsjahre, deren theueren
Namen meine Zunge zuerst auf die Tafel meiner Erinnerung
schrieb, — den meiner immer seltsamen — immer prophetischen
— immer geliebten — Mutter!u — Alles diesem
Vorhergehende wie noch Nachfolgende müssen wir zum
vollen Verständniss dieser seiner geistigen Stimmung der
eigenen aufmerksamen Leetüre des Lesers überlassen.
Etwas dem schwarzen Schleier unseres Davis Aehnliches hat
Referent in seinem Artikel: — „Eine Schlacht mit Geistern"
— in „Psych. Stud." Dezember-Heft 1891 S. 579 ff., als im
Jahre I8t«6 am Tage der Schlacht von Königgrätz bei
einer am hellen Tage eintretenden V i s i o n erlebt, berichtet
Aber wir haben noch andere ähnliche Vorgänge, von.
denen uns einer über Albertus Magnus berichtet ist,
den wir in „Psych. Stud." Februar-Heft 18T9 S. 90 ff. des
Näheren erörtert haben. Von ihm wird erzählt, dass man
ihn für einen Zauberer hielt. Einst bewirthete er (nach
„Psych. Stud.« Dezember-Heft 1884 S. 580) den Grafen
Wilhelm von Holland, den damaligen Gegenkaiser, beim
heftigsten Winterfrost (Epiphanie 1249 oder 1254?) in seinem
Dominikanerklostergarten zu Köln. Während der Tafel
blühte der Garten wie im Frühling; als aber die
letzte Schüssel wieder fortgetragen wurde, ward es mit
einem Mal wieder Winter.*) Auch soll er einen eisernen
Menschen gefertigt haben, der wie ein wirklicher sprechen
konnte, und Thomas von Aquino, sein nicht minder berühmter
Schüler, schlug vor Schrecken mit seinem Stock nach dem
Eisernen. Geboren zu Lauingen an der Donau aus dem
edlen Geschlechte derer von Bollstedt im Jahre 1193, starb
Albertus 85 Jahre alt zu Köln in Schwachsinn. Seine Gebeine
ruhen in der St. Andreas-Kirche zu Köln. Erst 1623 wurde
er von Papst Gregor XV. selig gesprochen, nachdem er lange
*) Die nämliche Zauberkimst wird auch dem Zaust zugeschrieben.
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