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410 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 8. Heft (August 1896.)
„Auf einem schönen Regenbogen
Kommt der liebe Gott gezogen:
Ihr Todten, ihr sollt alle aufersteht,
Ihr sollt vor Gottes Gerechtigkeit geh'nl" —
Ich drehte mich tanzend und hüpfend darin umher. Aber ich
sah auch, dass mit jeder Sekunde dieser wohl mehrere Meter
Durchmesser betragende Schenkel eine Strecke weit von mir
fortrückte wie der Sekundenzeiger einer Riesenuhr. Ich lief
ihm nur wenige Sekunden nach und kehrte alsbald auf meinen
Weg zurück. Erhobenen Gemüthes und voller Hoffnungen auf
weiteres Glück pilgerte ich zu meiner Frau Pathe und fand bei
ihr die herzlichste Aufnahme und erfreute mich anderen Tags
auf der Gipfelhöhe des Sattelwaldes, den ich durch lauter
Brombeergerank erkletterte, der herrlichsten Fernsicht nach
der Heimath und wurde in dieser tiefstillen Einsamkeit
plötzlich von einem alten Geiger aus meinem träumenden
Sinnen aufgeweckt, der wundervolle Melodien spielte und
mich wie der Berggeist Rübezahl selbst anmuthete*) Mein
weiterer Weg nach meiner Geburtsstadt war ebenso erfreulich
als lehrreich durch den Besuch der uralten Bolkoburg
und des vielhundertfenstrigen Burgstalls von Schweinhaus,
sowie meiner darauf folgenden Wiederbegegnung mit meiner
Mutter in Ober-Wolmsdorf, wo wir zusammen neues Spukhaftes
erleben sollten, das ich bereits in „Psych. Studien"
Februar-Heft 1886 Seite 58 kurz angedeutet habe und in
meinem verheissenen Artikel: — „Weiteres Spuk- und
Räthselhaftes" — seiner Zeit noch näher zu schildern gedenke
.
Kurze Notizen.
a) Zum Rodensteiner — ging uns folgendes
Schreiben zu: — Leipzig-Thonberg, den 5. Juli 1896.
— Mein lieber Herr Doctor Wittig \ — Bezüglich der
Pfingst-Postkarte, die Sie laut letztem Juli-Heft S. 358 ff.
erhalten haben, muss ich Ihnen bemerken, dass die Ruine
Rodenstein zur Gemarkung Fränkisch Crumbach gehört, wo
ich geboren bin, Reichels aber, um den Fremdenverkehr an
sich zu leiten, „bei Reichelsheim" schreibt. Die Wirthin
Elisabetha verw. Dörr war eine Schulkameradin von mir,
und kenne ich die Verhältnisse ganz genau. Es ist bei der
Burgruine ein Pachthof mit der Wirthschaft verbunden.
Alles Eigenthum des Freiherrn von Gemmingen. Die Kirche
*) Man vergl. hierzu „Das Geigerle im Walde" in „Psych. Stud."
Januar-Heft 1896 S. 40 ff. — Der Sekr. d. Red.
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