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Kurze Notizen. 419
die Forderung nicht annehme, weil der andere sein Ehrenwort
gebrochen habe, worauf der letztere ihn thätlich
insultirte. Hierfür hat der betreffende Herr, ein Gerichtsreferendar
, der mittlerweile von hier versetzt worden ist,
eine Geldstrafe von 10 Mk. erhalten; über den Bruch des
Ehrenwortes fällte das Gericht keinen Spruch. Unter den
Geforderten befanden sich auch ein Rittmeister z. D. und
ein Premierlieutenant der Landwehr a. D. Dieserhalb hatte
sich der Ehrenrath zunächst mit der Sache zu befassen, der
den Herausforderer als satisfactionsfähig erklärte. Die beiden
genannten Herren lehnten gleichwohl die Annahme der
Forderung ab, und so fand nochmals unter Aufbietung des
ganzen Apparats eine mehrere Tage dauernde Sitzung des
Ehrenraths statt, deren Ergebniss nunmehr bekannt wird,
und zwar durch die davon Betroffenen selber. Heute veröffentlichen
die beiden Herren, Freiherr v. Ehrhardt, „früher44
Rittmeister, und v. Kamptz, Premierlieutenant der Landwehr
a. D., eine Erklärung in der „Düsseldorfer Zeitung44,
in der es heisst: — „Im Vollgefühl unserer Ehre veröffentlichen
wir selbst, um entstellenden Gerüchten vorzubeugen,
das Folgende: — Wir sind ehrengerichtlich des Titels entkleidet
bezw. verabschiedet, weil wir der Vorschrift des
Ehrenraths, uns mit einem Ehrenwortbrüchigen und des
Meineids in unserer Sache bei der Staatsanwaltschaft Beschuldigten
zu schiessen, nicht nachgekommen sind. Weitere
Aufklärung bringt die demnächst erscheinende Broschüre.44
(„K. Z.a) — Dies ist ein Beitrag zu der in Sachen der
jüngsten tödtlichen Duelle (Kotze-Schräder u. A.) in der
Presse vielfach ventilirten irenischen Vermittelung der
Ehrengerichte und dem gegenwärtig noch in ihnen
herrschenden Geiste und bloss formellen Jus.
h) * Zwickau, 2. Juli. — Vergangenen Sonntag
fand im Nachbarort Mü 1 sen ein grosses spiritistisches
Jahresfest statt, zu dem die Spiritisten aus ganz Sachsen
erschienen waren. Nicht weniger als sieben Frauen aus
verschiedenen Orten Sachsens traten als Medien auf. Der
Spiritismus hat aber neuerdings(?) einen mehr religiösen
Charakter angenommen. (1. Beilage zum „Leipz. Tagebl.44
Nr. 333 v. 3. Juli er.)
$) Neue Schulgespenster. — Köln, 18. Juni:
— Der Glaube an Gespenster grassirt immer noch in
grossen Schichten der Bevölkerung. Vor einigen Tagen
verbreitete sich hier das Gerücht, in einer Schule im
südlichen Stadttheil „spuke44 es. Das Gerücht soll
dadurch entstanden sein, dass es während der Unterrichtsstunde
ftn die Thür geklopft habe, und als man öffnete,
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