http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0447
Wittig: Parallelfälle zu dem nächtlichen Schreckgespenst etc. 437
In Eckersdorf in der Grafschaft Glatz zog plötzlich
ein stürmisches Wetter über der Gemeindeschmiede dahin.
Der Meister erwachte und wurde von einer Stimme in die
Werkstatt gerufen. Hier stand ein unheimlich ausschauender
Reiter und wollte sein Eeitpferd beschlagen haben. Der
Schmied that's, da ihm der Unbekannte obendrein ein
schweres Geldstück in die Hand drückte. Während des
Beschlagens hörte er jedoch ein fortwährendes Stöhnen und
Jammern, ohne zu wissen, woher es käme. Nächsten Morgen
in aller Frühe erzählte man ihm, dass sein Nachbar plötzlich
gestorben sei. Jetzt sah er mit Grausen ein, wen er diese
Nacht beschlagen [hatte]. Den Teufelslohn nahm er und
Hess vor seinem Gehöft ein Kreuz setzen, welches heut
noch steht. (Eckersdorf.) S. 5—6.
Im Eulengebirge [in Mittelschlesien, südwestlich von
Reichenbach], ging ein Mann zur Nacht durch den Wald.
Kaum ist er einige Schritte vorwärts, steht ein Jäger vor
ihm, welcher sich freiwillig anbietet, ihn zu begleiten. Der
alte Mann ist sehr erfreut, sicheren Schutz auf solchen
unwegsamen Pfaden gefunden zu haben, und offenbart dem
Jäger sein ganzes Herz. Besonders klagt er bitter, in
welch peinlicher Geldverlegenheit er sei. „Geld könnt Ihr
von mir bekommen, so viel Ihr nur immer wollt41, — tröstet
ihn sein Begleiter. — „Dann ist mein Weg hier unnöthig",
— antwortet voll Freude der Alte; — „ich ging eben, um
eine bestimmte Summe irgendwo zu leihen." — Sie drehen
um, gehen in die Hütte des Armen, woselbst der Jäger
eine grosse Masse klingender Goldstücke auf den gebrechlichen
Tisch zählt. Leider ist kein Tröpflein Tinte im
Hause zu haben, um den Schuldschein unterzeichnen zu
können. In dieser Verlegenheit sagt der fremde Jäger zu
seinem Schuldner: — „Ach was! ritzet Euch einfach ein
Aderchen am Arm auf, und nehmt etwas Blut auf die
Feder; das genügt auch---" Da plötzlich erkennt
der Mann, welch unheimlichen Gast er unter seinem Dache
habe. Ohne diesen von seiner Erregung etwas merken zu
lassen, bittet er ihn, diese Nacht bei ihm auf der Streu
zu schlafen, wo dann morgen früh die Tinte besorgt sein
würde. Der Jäger willigt ein. Und während er schläft,
holt der Mann in aller Stille den Pfarrer des Ortes. Als
dieser hereintritt und den Schläfer mit Weihwasser besprengt,
fährt derselbe wüthend in die Höhe, drängt zur Thür
hinaus und verbreitet einen pestilenzischen Gestank, welcher
noch mehrere Tage andauert. Das Teufelsgeld übergab der
Mann der Kirche des Dorfes; der Pfarrer streckte ihm von
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0447