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I
Mummert: Bandbemerk, zu „Eine Wirkung, aber keine Ursache! ? 445
gelten lassen können; wenn nicht auf ihn das Wort eines
uralten Kenners des Geheimwissens angewandt werden soll:
— 'Sie haben Mosen und die Propheten und glauben nicht;
sie werden auch nicht glauben, wenn einer von den Todten
auferstünde.'" — Welche Thatsachen würde der Herr Verfasser
als „überzeugend" gelten lassen wollen? Selbst
Aksakorv muss zugeben: — „es giebt bis jetzt überhaupt
keinen positiven Beweis." — weil eben gar kein Beweis
auszudenken ist, den eine zersetzende Ueberkritik nicht aufzulösen
hn Stande wäre. Man muss oft und oft in dem
unfruchtbaren Streite mit Skeptikern gestanden haben, um
es begreifen zu können, dass Leute von sonst ganz gesundem
Menschenverstände gegenüber den klarsten Gründen, den
unwiderleglichsten Beweisen doch einen solchen Streit in
der unerschütterlichsten Consequenz ihrer „Geist"losigkeit
immer wieder schliessen mit dem hochmüthig-mitleidigen
Lächeln des erleuchteten Sohnes unseres aufgeklärten Jahrhunderts
! Der Zweifel ist ein treffliches Vorspann auf der
Fahrt nach Wahrheit, extremer Zweifel reisst uns am Ziel
vorbei. Wer sich allzu positiv verhält, wird nur negative
Resultate erzielen. Wenn der Verfasser fürchtet, — „es
könne einmal eine Zeit kommen, wo die heute noch
spiritistischen Erscheinungen ein Kapitel in den Physikbüchern
erhalten und zwölfjährige Realschüler sie auswendig
lernen werden", — so erwidere ich ihm: — „Nun, wenn
dies einmal mit allen spiritistischen Erscheinungen der
Fall sein würde, dann würden ja die Naturgesetze und
Kräfte, auf die wir ja alles beziehen, und die wir heute
noch occulte nennen müssen, offen daliegen vor der
menschlichen Erkenntniss, und 'die religiös-ethische Bedeutung
' wäre zum Evangelium erhoben, weil dann der
Unglaube unwissenschaftlich sein würde." —
Wenn der Verfasser über seine unzulänglichen Erfahrungen
in spiritistischen Cirkeln klagt, so sei ihm gesagt,
dass die leider so häufigen Misserfolge in solchen Cirkeln
viel seltener ihren Grund in dem „Beobachtungsmaterial"
selbst, als in der unsachgemässen Verwerthung
desselben haben. Fast jeder dritte Mensch ist ein Medium,
aber zur Entwickelung der Fähigkeiten eines solchen braucht
es, wie zur Entwickelung eines jeden anderen wissenschaftlichen
Experimentes, vor allem zweier Dinge: — Sach-
kenntniss und hauptsächlich Ausdauer und Geduld.
Fast zehn Jahre lang soll im Stillen die auch in der
August-Nummer der „Psych. Studien" rühmlichst erwähnte
Eusapia Paladino „entwickelt" worden sein, ehe sie reif
befunden wurde, das Beobachtungsmaterial für die Mailänder
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