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Wittig: Hanslick über Bastian, den österr. Kronprinzen etc. 451
von Intelligenz auf. Er war ungemein begabt, ein heller,
vorurtheilsfreierf?] Kopf, dabei etwas zerfahren und unstet.
Den lästigen Gesetzen der Etikette, welche sein Stand ihm
vorschrieb, vermochte er sich schwer zu fügen und gerieth
mehr als einmal in Conflict mit dem Hofe. Auch mit dem
Kronprinzen war er eine Weile überworfen; dieser hatte
jedoch, die hohen Fähigkeiten und den edlen Charakter
seines Vetters erkennend, der Spannung zuerst ein Ende
gemacht mit dem herzlichen Worten: — 'Sollten denn nicht
gerade wir Zwei zusammenhalten? — Zwei Tage vor dem
Diner, von dem ich spreche, im Januar 1884, hatten die
beiden Prinzen ein interessantes Abenteuer bestanden: —
die Entlarvung des Spiritisten Hastian. Erzherzog
Johann erzählte uns den Vorfall nach Tische mit dramatischer
Lebendigkeit. Dieser Bastian hatte in Wien 'spiritistische
Seancen' veranstaltet, in welchen er die Geister Verstorbener
citirte. Kronprinz Rudolf und Erzherzog Johann hatten sich
vorgenommen, den Schwindel[?] zu entlarven, und thatsächlich
gelang es ihnen, den von Bastian citirten 'Geist' zu erwischen.
Sie hatten die Veranstaltung getroffen, dass die Thür des
Nebenzimmers durch ein sinnreich construirtes mechanisches
Gitter ersetzt wurde, welches so geschickt angebracht war,
dass es Bastian nicht sehen konnte. Als nun der Geist in
der Scene erschien, drückte der Kronprinz auf einen an
der Wand angebrachten Knopf, das Gitter klappte zu und
schnitt dem 'Geist' den Rückzug ins Jenseits des dunklen
Zimmers ab. Es wurde Licht gemacht, — und in der Mitte
des Zimmers stand der 'Geist' — Bastians in körperlicher
Person mit sehr unspiritistisch wollenen Socken über seinen
Schuhen [?] und einem langen Leintuch! [?] — Wie heiter
und mittheilsam bewegten sich die beiden Prinzen an diesem
Abend, während das Unheil schon über ihren Häuptern
lauerte! Erzherzog Johann war vom Kronprinzen in das
'Directionscomite' des Werkes gewählt worden, nahm aber
diese Berufung nicht an; hingegen wollte er einen Beitrag
über ,das Baufach in Überösterreich* liefern, auch die
Redaktion des ganzen Abschnittes jOberösterreich* übernehmen
. Es ist weder zu dem Einen, noch zu dem Anderen
gekommen. — 'Ein Zufall' — schreibt er an Weilen — 'hat,
zu meinem innigsten Bedauern, meine Theilnahme an dem
grossen Werke des Kronprinzen ausgeschlossen.' — Ueber-
spannte Empfindlichkeit und kdas alte Misstrauen, nicht
seiner Persönlichkeit die Betheiligung zu verdanken',
mag es hauptsächlich verschuldet haben, dass das Kronprinzen
-Werk nicht eine Zeile von der Hand des Erzherzogs
enthält. Auch musikalisches Talent besass der so vielseitig
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