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460 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 9. Heft. (Septemher 1896.)
b) Der dritte internationale Congress für
Psychologie, den wir in „Psych. Stud." Juli-Heft er.
S. 348 ff. angekündigt hatten, zu dem ungefähr 500 Theil-
nehmer eingetroffen sind, wurde am 4. August er. in
Gegenwart des Prinzen Ludwig Ferdinand und der Prinzessin
Therese in der grossen Aula der Universität zu München
feierlich eröffnet. Trof. Stumpf T&zrlin hielt einen Vortrag
über das Verhältniss von Leib und Seele. Hierauf begrüsste
der Cultusminister v. Landmann den Congress im Namen der
bayrischen Staatsregierung, wobei er der Zuversicht Ausdruck
gab, dass die psychologischen Forschungen die Ueberzeugung
von der Verantwortlichkeit des Menschen für seine Handlungen
niemals erschüttern würden. Im Namen der Stadt
München sprach Bürgermeister Brunner, im Namen der
Universität der Rector magnificus Prof. v. Baur. Sodann
folgten die ersten Vorträge von Prof. Richet-P&ris „Sur la
douleur" [„Ueber den Schmerz"] und von Prof. Franz v. Liszt-
Halle „Ueber die criminelle Zurechnungsfähigkeit". Die
zweite allgemeine Sitzung des dritten internationalen Con-
gresses für Psychologie wurde von Prof. Richet-P&ris als
Vorsitzendem geleitet. Vorträge hielten der Director der
Irrenanstalt in Leipzig, Prof. Flechsig, über Associations-
Oentren des menschlichen Gehirns, ferner Prof. Sergi'Rom
und Prof. Preyer- Wiesbaden. An den Vortrag Flechsig1 %
knüpfte sich eine lebhafte Debatte zwischen Vertretern der
Psychologie und denen der Psychiatrie über die Frage,
welche Bedeutung die psychologische Forschung und die
Gehirr-Anatomie für die Psychologie haben. („Leipziger
Neueste Nachrichten" Nr. 206 v. 6. August er.)
c) Durchleuchtung des menschlichen Körpers
mit Äön^en-Strahlen. — München, 6. August. —
Ein hochinteressantes Experiment wurde bei der anlässlich
des internationalen Psychologen - Congresses veranstalteten
Ausstellung wissenschaftlicher Apparate vor der Prinzessin
Therese, dem Prinzen Ludwig, dem Cultusminister sowie einem
kleinen Kreise geladener Gäste ausgeführt. Es handelte sich
um die Durchleuchtung des menschlichen Körpers mittels
der von der Berliner Allgemeinen Electricitätsgesellschaft
construirten verbesserten Röntgenröhre. Das Resultat war
geradezu überraschend. Nicht nur die Knochen des ganzen
Körpers waren sichtbar, sondern man konnte auch die
weichen Organe, den Magen, das Herz, Zwerchfell u. s. w.
bei ihrer fortwährenden, dem Auge bisher noch nicht sichtbaren
Thätigkeit beobachten. Diese Entdeckung macht in
medicinischen Kreisen grosses Aufsehen. („Leipziger Neueste
Nachrichten" Nr. 217 v. 7. August 1896.)
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