Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
23. Jahrgang.1896
Seite: 482
(PDF, 187 MB)
Bibliographische Information
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482 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 10. Heft. (October 1896.)

Buch und Kerze einhersehritt, gefolgt von der betenden
und singenden Volksmenge, erschien er beinahe jubelvoll.
Ich war in der That erfreut, dass der Pfarrer sich entschieden
hatte, den todten Pepi in den geweihten Gottesacker mit
allen Oeremonien seiner Kirche zu beerdigen: — erfreut
um der armen Eltern willen, welche ihren Sohn verloren
hatten, erfreut um des ganzen Dorfes willen; denn in der
That, wenn Pepi's Sünde so gross gewesen wäre, dann wäre
keiner von seinen Gefährten viel weniger schuldig, insofern
sie ihn zu seiner Thorheit während der vergangenen wenigen
Tage verleitet hatten. Ich war auch erfreu!: um des todten
Pepi willen, dass er nun auf dem Gottesacker in Frieden
ruhen sollte.

Aber wie stand es um den geistig noch fortlebenden
Pepi? Was denkt er jetzt von seiner Sünde? Ich wollte
viel darum geben, dies zu wissen. Jedoch, wenn ich das
Thor durchschreite, wo ich ihn jene zwei schrecklichen
Tage stehen sah, so wende ich mein Gesicht hinweg, denn
die Erinnerung an seine im Todeskampf verzerrten Züge
und flehenden Augen erhebt sich wieder vor mir, und ich
befürchte, ihnen noch einmal zu begegnen.

Zuweilen möchte ich auch gern wissen, ob es eine
Genugthuung für ihn war, dass die Kirche sich enthielt,
ihn zu verdammen; ob das Wissen um den ersten Entschluss
des alten Pfarrers sein Elend vermehrt hatte, als er fand,
dass er durch den Versuch, sich der Bestrafung seines Vergehens
zu entziehen, sein Verschulden nur um so grösser
gemacht hatte.

#

Am Pfingst-Sonntage 1896.

Als ich heute von der Veranda am Nachmittag niederschaute
und auf die Blüthen des Kastanienbaumes blickte,
die so eben ihre rosigen und weissen Pyramiden dem
Himmel öffneten, theilte plötzlich eine Hand die
Zweige, und ein Antlitz schaute hinter dem
lebendigen Schirme hervor auf mich. Es war
Pepil —

Nicht waren es die als bleich beschriebenen Gesichtszüge
Pepi's, wie ich sie die beiden letzten Male gesehen
hatte; auch war es noch nicht der lachende, hübsche,
lustig aussehende Pepi, der den Fuszsack um meine Püsse
anordnete an jenem verhängnissvollen Pfingst - Sonntage
vor zwei Jahren, aber dennoch war es Pepi. Die Verzweiflung
und der Todeskampf waren aus seinem Antlitz
gewichen. Ruhig und kummervoll war es noch immer, aber


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