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Wihan: Wahrheit über Alles!
überaus mächtige Wesen giebt, dürfen wir nicht als
unmöglich erklären; und es wird noch zu untersuchen
sein, ob es nicht erlaubt oder gar geboten ist, das anzunehmen
. U. s. w.
Ueber den Geist sind folgende Sätze besonders wichtig:
— Es ist eine directe, nur zum Theil auf der Erinnerung
beruhende Erkenntniss, dass ich etwas von den Erscheinungen
ganz Verschiedenes, unabhängig von ihnen Bestehendes,
Veränderungen Erleidendes und Bewirkendes, Wünschendes,
Wissendes, verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten
Besitzendes, Bleibendes bin. Ich fühle, erkenne mein
Dasein zugleich mit den Wahrnehmungen. Diese Wirklichkeit
wird durch die Worte ausgedrückt: — „Ich bin ein
Wesen."
Dass ich ein wirkliches, reelles Wesen bin, kann auch
noch durch viele Vernunftschlüsse ganz unzweifelhaft erwiesen
werden. Ich kann viel eher bezweifeln, dass es ausser mir
Wesen und Dinge, Atome oder eine Materie giebt, als dass
ich existire. Die Erscheinungen kommen und gehen, entstehen
und verschwinden; ich aber bin fortwährend von dem
Bewusstsein meines Daseins und meines Könnens, meiner
Macht durchdrungen. Dieses mein Daseins-Bewusstsein ist
von allen Erscheinungen unabhängig, verschwindet mit
keiner derselben. Ich muss also schliessen, dass es auch
nicht verschwinden würde, wenn überhaupt keine Wahrnehmung
dawäre, wenn das überhaupt möglich ist; dass es
überhaupt nie verschwindet; dass das Ich etwas ausser,
über der Erscheinung, etwas sie Beobachtendes, sie Beherrschendes
ist.
Es ist allerdings möglich, dass mein Dasein von etwas
anderem abhängig ist, dessen Dasein ich nur erschliessen,
annehmen kann. Es darf das also jedenfalls angenommen
werden, wenn gewisse Thatsachen dafür sprechen. Es ist
das aber nur eine Annahme; und wenn so eine meiner
directen Erkenntniss, (dem Bewusstsein der Unabhängigkeit
meines Daseins und meiner Macht) widersprechende,
mein Daseins-Bewusstsein als eine Täuschung erklärende,
meinen Werth herabsetzende, all meine Lust am Schafifen,
Streben und am Dasein zerstörende, mich anwidernde
Annahme als richtig, als allein berechtigt, erklärt*
wird, so muas das so überzeugend erwiesen werden, dass
gar nichts Beachtenswerthes dagegen vorgebracht werden
kann. Es muss gezeigt werden, dass alle Thatsachen, welche
dagegen zu sprechen scheinen, auch mit dieser Annahme
begreiflich sind, und dass gewisse Thatsachen unter der
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