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528 Psychische Studien. XXIH. Jahrg. 10. Heft. (Oetober 1896.)
stets ein Stück zurück und ging buchstäblich ,wie im
Schlafe1. Zu Hause angekommen, warf ich mich sofort
in's Bett und war bald fest eingeschlafen. Im Schlafe aber
hatte ich folgenden Traum: — ,Der volle Glanz der
strahlenden Sonne fiel in mein Zimmer. In diesem Glänze
aber sah ich eine Maschine stehen in voller Arbeit. Die
Maschine aber hatte eine so wundervoHe und seltsame
Gonstruction, wie ich sie nie gesehen. Die Sonne aber
durchleuchtete die Maschine in einer Art, dass ich jedes
einzelne Theil in seiner Arbeit deutlich sehen konnte. Es
arbeitete durcheinander und hob und senkte sich wie die
Tasten eines Klaviers. —
„Als ich aufwachte, schien mir die helle Morgensonne
gerade ins Gesicht. Ich nahm's für eine gute Vorbedeutung,
und als ich meiner Frau den Traum erzählte, schloss ich:
— die Maschine baue ich! Meine Frau aber war dem
Project durchaus nicht geneigt. ,Hast Du noch ein paar
Pfennige? Willst Du auch die noch hinterherjagen?' —
meinte sie. Doch ich fing an zu bauen. Freilich, wie ich
anfangen sollte, das hatte mir nicht geträumt. Aber ich
fing an. Ohne eigentlich zu wissen, ob es zum Schluss
auch klappen würde.*) — Doch es klappte. Die Maschine
functionirte tadellos. Es arbeitete durcheinander und hob
und senkte sich wie die Tasten eines Klaviers. Als sie
fertig war, konnte ich zu meiner Frau sagen: — 'Das
ist mein TraumV — denn so haarscharf, so in allen
Theilen hatte ich die Maschine im Traume vor mir gesehen
." --
Die Maschine aber ist die bis jetzt bedeutendste
Erfindung meines Freundes, das Staunen der Laien und
die Bewunderung der Fachgenossen. Die Frage ist nun,
ob es erlaubt ist, diese Begebenheit als eine in das Gewand
eines Traumes gekleidete Inspiration aufzufassen, besonders
wegen der eigenartigen Einleitung des Traumes, oder ist
es nur eine Aeusserung der freigewordenen, produci-
renden Thätigkeit der Seele, und wie tausend* ähnliche
Beispiele aus der künstlerischen Sphäre ein Beweis mehr,
dass Erfinder und wahre Dichter oft nichts anderes sind,
als animistische Medien ? — Oskar Mummert in Altenburg.
*) Es sei hierzu bemerkt, dass es meinem Freunde an jeder
Kenntnis» der höheren Mathematik und Arithmetik fehlt und er es oft
sehmerzlich empfindet, dass er sich die Sache, wie er sagt, nicht ein
biszchen vorzeichnen und ausrechnen kann. Er ist darauf angewiesen,
einfach darauf loszubauen. —
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