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534 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1896.)
zu berühren (intactum), in Gegenwart vieler ehrenwerther
Männer — ohne auf eine andere natürliche oder verborgene
Art und Weise — nur dadurch bewegte, dass er öfters
einige französische Worte hersagte und wiederholte, die ich
hier absichtlich verschweige. Dass dabei ein böser Geist
seine Hand im Spiele gehabt hat, geht daraus hervor, dass
ein anderer, der in Abwesenheit des Jünglings unter Hersagung
derselben Worte es versuchte, nichts bewirkte."
(Uebersetzung aus dem lateinischen Original). An anderer
Stelle erzählt er, dass ein Zauberer einen anderen durch
das Sieb verrathen habe, und dass bei Namensnennung des
Letzteren dasselbe unaufhörlich bewegt wurde. Lercheimerx)
schildert den Vorgang wie den vorhergenannten. Sein Zeitgenosse
Remigius2) wettert energisch gegen die hohen
Herren, die auf ihren Schlössern Zauberei treiben, und
bemerkt sehr richtig, dass man sich dann nicht wundern
dürfe, wenn das Volk ebenfalls im Aberglauben versinke:
— „Wenn dem gemeinen Mann etwas heimlich gestolen
wirdt | oder sie etwas ohn gefehr verlohren haben | so bald
lauffen sie hin | lassen das Sieb oder den Schlüssel
drehen | vnd dasselbig zum offtermal." — Nach Godelmann 8)
wird „das Sieb auff eine Zange gestelt | vnd wann sie die
Zange mit 2 Fingern namen | und vber sich hüben j vnd
ihre Segen gesprochen | vnd die Namen der Verdächtigen
erzählet hatten", — so bewegte sich das Sieb.
Campanella (1568—1639) berichtet uns ein eigenes
Erlebniss4): — „Ich war einst Zeuge, dass mehrere Knaben,
denen man einen Mantel gestohlen hatte, ein Sieb auf den
Spitzen mehrerer Scheeren hielten und unter Anrufung des
heiligen Petrus und Paulus fragten: — 'Hat Flavius den
Mantel gestohlen?' — So oft sie diese Frage thaten, so oft
drehte sich das Sieb herum, welches unbeweglich stehen
blieb, wenn man andere Namen nannte. Voll Erstaunen
rief ich den höchsten Gott an, dass er mich von bösen
Geistern nicht täuschen lassen möge, und wiederholte denselben
Versuch mit demselben Erfolg. Ich reinigte mein
Gewissen durch Genuss des heiligen Abendmahls, fragte
abermals ebenso wie vorher, und das Sieb drehte sich wieder
bei dem Namen des Flavius und bei keinem anderen." —
l) A. Lercheimer: — „Christlich Bedenken und Erinnerung von
Zanberey." 1627. cap. 4. S. 28. (1. Auflage 1585).
*) iV. Remigius: — „Daemonolatria" 1598. 8. 381.
«) Georg Godelmann: — „Von Zauberern, Hexen und Unholden."
1606. S. 51. (1. Aufl. 1592).
*) Neuerer Oceultfsmus. I. Kieservetter. S. 179. Uebrigens bemerke
ich hier, dass ich den II. Band nicht gelesen habe, woraus sich möglicher
Weise Litteraturwiedcrholungen ergeben dürften.
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