http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0553
Wittig: Parallelfälle zu dem nächtlichen Schreckgespenst etc. 543
hatten sie den längsten Weg zurückgelegt, so dass an ein
Entfliehen vor ihnen nicht zu denken war. Da man sich
die Feuermänner gewöhnlich als umherirrende Seelen (von
ungerechten Richtern u. s. w.) dachte, so betete man beim
Anblick eines solchen drei Paternoster und drei Ave-Maria.
Es kam dann und wann auch vor, dass diese Arme-Seele
von ihrer letzten Schuld befreit und erlöst war. In diesem
Falle bedankte sie sich, und das Gebilde zerstob. Wusste
man sich durch Gebet nicht zu sichern, so wurde man vom
Feuermanne bis nach Hause verfolgt, wo er dann unterem
Fenster noch allen möglichen Spuk trieb. Ein armes
Mädcher in Kreuzendorf — ob sie zur Stunde noch lebt,
weiss ich nicht, — will einmal von einem solchen Feuermanne
viele Stunden hindurch auf grässlichste Weise
beängstigt worden sein, da sie sich bei ihm für die Begleitung
nicht bedankt hatte.*)
Irrlichter sind nach dem Glauben des Volkes Seelen
ungetaufter Kinder oder grosser Menschen, welche solcherweise
ihre Sündenschuld abbüssen. Man will besonders bei
Kreuzen auf Grenzen und an Landstrassen solche Flämmchen
häufig bemerkt haben. Dann heisst es: — die Arme-Seele
muss alle Gebete nachholen, die sie im Leben zu wenig
verrichtete. S. 22—23.
[Hier unterbreche ich unseren Verfasser und theile eine
nicht unbegründete Vermuthung mit, weshalb ausser vielen
anderen ähnlichen Deutungen auch Hölty in seinem von mir
(„Psych. Stud." August-Heft 1892 S- 362 ff.) mitgetheilten
Gedichte vom alten Kunz als einem wahren „Höllenbrand"
spricht, der seinem Nachbar abpflügte und Land stahl, dass
er nach seinem Tode als „Feuermann" das Feld nach einer
glühenden Schnur selbst lichterloh brennend abpflügen
müsse. Dr. A Berghaus theilt in der „Europa" Nr. 11,
1882 einige sogenannte Weisthümer (alte Gemeinde-
Ordnungen und Gesetze) der in Mähren an der österreichischen
Grenze liegenden urdeutschen Bauern-Ortschaft Urbau mit,
und zwar eine Rügung [Beschliessung] vom Jahre 1604,
deren vierte Bestimmung also lautet: — „Wo Einer war,
„der Ein Markstein [d. i. Grenzstein] aussgraben oder
„ Vertilgen wolte, vndt man denselbigen begrieff [darüber
„ergriffe], so soll man ihn nehmen, vndt setzen an dieselbige
„Statt [Stolle], soll nehmen drey Koss, vndt spannen in ein
„Pflung, vnd Zwey scharffe Eyssen, vndt ein Menner auf
„die Ross soll dreymal auf Ihm ackhern lassen, fehlet Er
*) Man vergl. „Psych. Stud." Juli-Heft 1892 S. 299 ff. —
Der Sekr. d. Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1896/0553