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544 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1896.)
„sein, so sey !3r hinkommen [losgekommen, d. h. von der
„Strafe befreit], trieff [trifft] er Ihn aber, so hat Er Ihm
„sein Recht gethau." — Hierzu bemerkt Dr. Berghaus: —
„Sie werden den Grenz verrücker wohl in derselben Weise
zum Spuken und zum Tragen des [schweren]
Grenzsteines nach dem Tode verurtheilt haben, wie die
Bewohner des übrigen Deutschlands das thaten und noch
heute thun."*) — Dies ist doch aber nur ein Hauptvergehen,
dessen sich ein so umherspukender Geist im Leben schuldig
gemacht haben kann, ohne dass er von der irdischen Strafe
ereilt worden ist; es giebt sonach noch eine Menge anderer
möglichen Deutungen. Unser Philo vom Walde berichtet nun
weiter: —]
Der Tenenna™ wischen Nowag und Korkwitz.
Mein Wirth, ein Mann in den Vierzigern, will selbst
noch Feuermänner gesehen haben. Ein Verwandter von
ihm, der allabendlich von Korkwitz nach Nowag gehen
musste, (halbstündige Entfernung), wurde stets von einem
Feuermanne begleitet. Kaum war er eine kurze Strecke
auf der Grenze dahin gegangen, so fand sich auf einmal
der Feuermann bei ihm ein. Dieser, von kohlschwarzem
Aussehen, in der Grösse eines zehnjährigen Knaben, um
und um von einem Feuerschein umgeben, ging entweder
hinter oder neben ihm (nie zuvor) her bis an die ersten
Häuser von Nowag, ohne auch nur eine Silbe zu sprechen.
Dort — nachdem sich der Mann mit einem „Gott bezahlt 1"
bei ihm bedankt hatte — schüttelte sich der Feuermann
dreimal, dass die Funken flogen, und war verschwunden. So
brauchte sich dieser Mann vor keinem feindlichen Ueberfalle
zu fürchten, der Feuermann beschützte ihn. Ging jedoch
eine zweite Person mit, um sich von der Erscheinung zu
überzeugen, so blieb der Feuermann aus, war jedoch gleich
zur Stelle, nachdem der andere die Begleitung aufgegeben.
Einmal ging der Feuermann sogar mit bis zur.Hausthür.
Der Mann, über die aussergewöhnliche Begleitung in Angst
gesetzt, blieb dann längere Zeit krank.
Bei dem „Hildebrandkreuze" hinter Nowag soll heute
noch ein Feuermann umgehen.
*) So gab es im Mittelalter eine Strafe für Adlige, welche als
Büssung (an Stelle des Stehens an der Schandsäule) Hunde führen oder
tragen mussten; daher noch das alte Sprichwort: — „Er muss Hunde
führen bis Bautzen — ", da das ursprünglich wendische Wort für
Bautzen „Budissin" von „buda" — „Hütte" (Haus) herstammen soll,
was sich in der Volksetymologie doppelsinnig aufs „Führen der Hunde
in ihre Hütte" und in die Hütten-Stadt zugleich bezogen haben
könnte. — Der Sekr. d, Red.
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