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Wittig: Parallelfälle zu dem nächtlichen Schreckgespenst etc. 553
In der Nähe des Dorfes Reibersdorf bei Zittau in Sachsen
zeigt sich bisweilen eine meterhohe Flamme, die im Volksmunde
'der Feuerhusar' genannt wird. Von diesem feurigen
Gespenst soll einst ein fürwitziger Bursche, der es verhöhnte,
nachdem er das sichere Heim erreicht hatte, noch in der
Hausthür eine fürchterliche Maulschelle bekommen haben,
wie mir ein redseliges Mütterlein versicherte. Die Backpfeife
ist selbstverständlich nur Erdichtung, dagegen ist eb
Thatsache, dass der 'Feuerhusar', der in ruhigem Glänze
strahlend, sich sprungweise oder schwebend bewegt, nächtliche
Wanderer oder Fuhrwerke durch weite Strecken
begleitet. Ein mir befreundeter Gutsbesitzer in jener
Gegend hat mir einst vollen Ernstes versichert, dass neben
seinem Wagen, wenn er in Sommernächten von Zittau
heimkehrte, der helle Schein häufig geschwebt habe.
„Eine ganz ähnliche Erscheinung wird in der Nähe
des Dorfes Meffersdorf in Schlesien auf dem benachbarten
Hellerberg beobachtet; hier wird die Flamme der 'grosse
Leuchter' genannt. Diesen Leuchter darf man auch nicht
ungestraft necken. Ein angetrunkener Bauer, der, aus der
Schenke kommend, sich auf den Hellerberg verirrte und
mit dem unheimlichen Feuergeist anbandelte, soll von ihm
bis an sein Haus begleitet worden sein, wie die Sage
berichtet; dort haben sich plötzlich des Bauern Haare
entzündet, sodass der ganze Kopf wie lichterloh brennend
anzuschauen war; dieses Symptom ist sehr beachtenswerth.
es zeigt, dass der 'grosse Leuchter' identisch[?] mit dem
St. Elmsfeuer ist, und beweist, dass auch diese schlesiche
Sage ein Körnchen thatsächliche Wahrheit enthält.
„Das Licht auf dem Hellerberg zeigt sich bisweilen
ganz klein und dann plötzlich gross anschwellend; diese
Eigentümlichkeit ist ebenfalls von wesentlicher Bedeutung
und übereinstimmend mit dem Wachsen und Schwinden der
St. Elmsfeuer. Auch auf den ,Königshainer Bergen4 bei
Görlitz, wo sich zur Wendenzeit einer der bedeutendsten
Opferhaine befand, sind wandernde Flammen schon mehrfach
gesehen worden. In der Stadt Lauban nennt man den
Flammenkobold 'Feuerpuhz'; er soll zur Nachtzeit über die
Dächer schweben und gilt als Warner bei bevorstehendem
Brande. In Thüringen werden die tfeuermänner als 'rothe
Jungen' bezeichnet.
„Alle diese Lichterscheinungen sind jedoch ihrem Wesen
nach gänzlich abweichend von den Irrlichtern, die als
bläuliche zuckende Flämmchen unstet umherhüpfen sollen,
und angeblich ihr tückisches Spiel ausschliesslich in Sümpfen
treiben, wohin sie den verirrten Wanderer auf trügerischen
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