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572 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1896.)
strafen schon belegt worden ist. Die Angeklagten sind
daher schuldig: v. Erhardt der Beleidigung des Ehrenraths
und der Herausforderung in zwei Fällen, Rhein der
Herausforderung in einem Falle in Verbindung mit einer
Beleidigung des Bezirkscommandos und der gefährlichen
Körperverletzung, Becker wegen Beleidigung des Ehrenraths
in zwei Fällen und des Vorsitzenden des Ehrenraths
in einem Falle, Homfeld der Beleidigung in vier Fällen
und Wessel in zwei Fällen. Es werden deshalb ver-
urtheilt: —
„von Erhardt zu 5 Monaten Festungshaft und 500 M.
Geldstrafe, — Rhein zu 4 Monaten Festungshaft und
4 Monaten Gefängniss, — Hecker zu 9 Monaten Gefängniss
und 1 Monat Festungshaft, — Becker zu 400 M. Geldstrafe
, — Hornfeld zu 4 Monaten Gefängniss und 200 M.
Geldstrafe, — Wessel zu 6 Monaten Gefängniss.
„Ausserdem wird den Beleidigten die Publikations-
befugniss des Urtheils in der 'Kölnischen Zeitung' und
den 'Neuesten Nachrichten', der 'Bürger-Zeitung', der
'Niederrheinisehen Volkstribüne', dem 'General-Anzeiger'
und der 'Düsseldorfer Zeitung', sämmtlich in Düsseldorf,
zugesprochen." —
Und das Alles infolge des Benehmens eines einzigen
jugendlichen Mannes, der nachgewiesener- und selbst-
geständigermaassen sich in einen Psychologischen Verein
hatte einführen lassen, obwohl er dessen Tendenzen nicht
theilte, und dessen Sitzungsbedingungen unter Ehrenwort
er nicht beobachtete, weil sich die Vertreter dieses Vereins
diese Art und Weise des Mitforschens nicht gefallen lassen
wollten und ihn deshalb von sich ausschlössen, wodurch von
ihm provocirt andere civile, gerichtliche und militärische
Kreise in Mitleidenschaft gezogen wurden 1 —
w Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei!"
— ist ein Grundgesetz des deutschen Reiches, und ob nun
diese Wissenschaft und ihre Lehren von wahren oder falschen
Voraussetzungen ausgehen, zu wahren oder falschen Schlussfolgerungen
führen, sie trägt das Correctiv der Alles vergleichenden
Kritik in sich selbst und darf in diesem ihrem
Forschungsgange nicht gestört werden. Dringt aber ein
Friedensstörer ein und sucht das angestellte Experiment zu
verwirren oder willkürlich zu gestalten, so ist es doch
offenbar nur Sache des angerufenen Rechtes, nicht die
Wahrheit oder den Irrthum des angestellten Experimentes
zu kritisiren, sondern nur die dem angestellten Experiment
zuwiderlaufende Handlung des Störers desselben nach Recht
und Gewissen zu beurtheilen. Wir glauben kein Wort weiter
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