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588 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1896.)
dürfte daraus hervorgehen, dass ich mir in den Feldzügen
Auszeichnungen geholt habe. Aber ich hielt es nicht für
am Platze, hier eine besondere Schneid' an den Tag zu legen,
[ch bin davon überzeugt, dass der Ehrenrath die Entscheidung
ohne Untersuchung gefällt hat. Bei der ersten Vernehmung
durch Greve bemerkte ich, dass dieser nicht einmal das ihm
von mir übergebene Actenmaterial kannte. Greve stützte
sich anscheinend allein auf die Entscheidung des Herrn
Präsidenten Witte, welcher, wie schon gesagt, den Mann
retten wollte. Der Rentner Küpper hatte aber bei dem
Präsidenten Herrn Witte über Ewers so milde ausgesagt,
dass er es später bitter bereute. Weil wir uns nun der
Entscheidung des Ehrenraths nicht fügten, leitete das
Ehrengericht die Untersuchung gegen uns, Herrn v. Kamptz
und mich, ein. Der Ehrenrath behauptete, der Ehrenwortbruch
Ewers9 sei nicht festzustellen gewesen, trotz des reichhaltigen
Materials und der Bekundung des Zeugen Küpper's,
zu dem Dr. Ewers sagte: — 'Ich habe die Herren an der
Nase herumgeführt ? — Nach meiner Ueberzeugung hat der
Ehrenrath über unser Wohl und Wehe gerichtet, ohne in
eine ernstliche Untersuchung einzutreten, ohne meine erste
schriftliche Ausarbeitung und mein Begleitschreiben zu
beachten. Alles blieb unberücksichtigt, was zu unseren
Gunsten zeugte. Bei unserer Schlussvernehmung wurde uns
mitgetheilt, dass unseren Anträgen nicht stattgegeben werden
könne. Dass ein 'Nicht erkennen wollen' beim Ehrenrath
vorgelegen hat, beweist der Umstand, dass Regierungsassessor
Heinzmann dem Kartellträger Rhein's erwiederte: — ,Ich
werde den Herren Rhein und von Kamptz später Auskunft
geben, sowie die Sache erledigt ist; im Uebrigen werden
Sie wohl bemerkt haben, dass es sich um 'Einen9 handelt'
— Dieser 'Eine* war ich, es handelte sich also darum, mich
zu brechen, der ich die Ehre stets hoch gehalten habe." —
Hiernach kommt ein Antrag der Vertheidigung, betreffend
die Vorlage der Acten des Militär-Ehrengerichts, zur Sprache.
Vorsitzender erklärt, der Divisionscommandeur habe die
Herausgabe der Acten abgelehnt und weiter bemerkt, dass
dieselben auch wobl dann nicht herausgegeben werden
würden, wenn eine Erklärung der oberen Militärbehörde
eingeholt werden sollte.
„Vertheidiger Justizrath Stapper stellt daraufhin eine
ganze Reihe von Beweisanträgen, betreffend das Verfahren
des Ehrenrathes in Sachen von Erhardt und von Kamptz.
nStaatsanwalt: — ,Die Anträge hätten früher gestellt
werden müssen, damit ich rechtzeitig Gegenanträge hätte
stellen und Zeugen hätte laden können.'
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