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628 Psychische Studien. XXIil. Jahrg. 12. Heft, (üecember 1896.)
Ehrenwort nicht gegeben und auch nicht gebrochen hätte.
Ich schrieb Herrn Rhein einen Brief, worin ich die Sache
darlegte und um Zurücknahme des Vorwurfes ersuchte.
Dagegen lief am folgenden Tage beim Landgerichtspräsidenten
ein Brief von den Herren v. Erhardt und v. Kamptz
ein mit der Anzeige, dass ich mein Ehrenwort gebrochen
und aus der psychologischen Gesellschaft ausgestossen
worden wäre.' —
„Der weitere Verlauf war folgender; Ewers liess nun
den Herren v. Erhardt und v. Kamptz eiae Forderung
zugehen. Diese legte» den Fall dem Ehrenrath zur Prüfung
der BVage vor, ob Ewers satisfaktionsfähig sei. Der Ehrenrath
entschied, dass Ewers nicht satisfaktionsunfähig sei.
Herr v. Erhardt lehnte aber dennoch die Forderung Eweif
ab und liess dem Vorsitzenden des Ehrenraths, dem Beigeordneten
und dem Hauptmann der Reserve Greve, eine
Forderung zugehen, weil dieser in dem Spruche des Ehrenraths
die psychologische Gesellschaft beleidigt habe. Herr
Greve lehnte die Forderung ab, weil die Forderung gegen
eine dienstliche Handlung sich richte. Dem Rittmeister
a. D. v. Erhardt wurde dann im ehrengerichtlichen Verfahren
der Offizierstitel und die Berechtigung zum Tragen
der Uniform abgesprochen.
„Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor IVolff, bemerkte
noch zu dem Zeugen Ewers: — ,ln dem Verfahren
gegen Sie wegen Ohrfeigung des Malers Hecker haben Sie
an den Vater des Hecker einen Brief geschrieben/ — Ewers:
— 'Ich hörte, dass Hecker im Malkasten den Ehrenrath
jLumpen* geschimpft hatte. Ich machte davon Anzeige beim
Ehrenrath. Inzwischen hatte der Ehrenrath von mir erfahren
, dass Hecker von mir geohrfeigt worden war, aber
mir nicht Satisfaktion gegeben hatte. Mein Verhör bei dem
stellvertretenden Vorsitzenden des Ehrenraths, Landesrath
Schmidt, beschränkte sich darauf, ob ich Hecker geohrfeigt
habe, und unter welchen Umständen das geschehen sei.
fEwers hatte den Maler Hecker, der gesagt hatte, Ewers habe
sein Ehrenwort gebrochen, deshalb auf einem Balle in der
Tonhalle zur Rede gestellt und geohrfeigt. Hecker erstattete
Anzeige, und Ewers erhielt vor Gericht 10 Mark Geldstrafe.]
Ich ging aus dem Ehrenrath weg in der Ueberzeugung,
dass der Ehrenrath beschlossen habe, Herrn Hecker nicht
für satisfaktionsfähig zu erklären. In dieser Ueberzeugung
habe ich das dem.Vater des Herrn Hecker mitgeteilt. Ich
vernahm später in einem Briefe des Landesrathes Schmidt,
dass das nicht so gegangen sei, sondern dass Hecker vor
dem Ehrenrath schriftliche Erklärungen abgegeben habe.'
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