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Wittig: Der Spiritismus vor dem Düsseldorfer Landgericht 647
entstehenden verkehrten Ehrenanschauungen des Näheren
ein. Der Ehrenrath habe, indem er den Dr. Ewers für
satisfactionstähig erklärte, selbst gegen das Gesetz Verstössen,
die von seinem Clienten verfassten Artikel hätten nichts
anderes bezweckt, als die Auswüchse des Duellzwanges zu
geissein. Jede Beleidigung des Ehrenraths habe ihm ferngelegen
. Wenn Wessel diese Auswüchse als „Wahnsinn**
bezeichnet habe, so könne er diesen Ausdruck nur gutheissen.
Der Redner erging sich in scharfen Ausfallen gegen den
Militarismus überhaupt und beantragte für seinen Clienten
die bedingungslose Freisprechung, da derselbe mit seinen
Artikeln die Beseitigung von Anschauungen bezweckt habe,
die den nicht bewaffneten Theil des Volkes fort und fort in
Lebensgefahr brächten. Der Redner spielte dabei auf den
Fall des Lieutenants v. Brüsewitz in Karlsruhe an, den er
des Längeren besprach.
„Der Staatsanwalt, der dann von dem Präsidenten
gefragt wurde, ob er das Wort nochmals wünsche, bemerkte:
— ,Ich verzichte, da ich nicht, wie es hier geschehen ist,
in das Publikum hinein Agitationsreden zu halten habe/
Rechtsanwalt Dr. Lande (erregt aufspringend): — 'Ich muss
aufs Entschiedenste widersprechen, dass ich lediglich für
das Publikum gesprochen habe. Ich hoffe vielmehr, dass
der Gerichtshof sich meinen Anschauungen anschliesst und
meinen Clienten freispricht V (Lebhafter Beifall im Publikum.)
„Der Präsident rügte diese Kundgebung ganz energisch
und ertheilte dann dem Freiherrn v. Erhardt das Wort zu
seiner persönlichen Vertheidigung. Dieser verbreitete sich
zunächst eingehend über den Spiritismus und wandte sich
gegen die Behauptung des Staatsanwalts, dass der Spiritismus
eine Narrheit und ein Schwindel sei. Er habe ein reines
Gewissen vor Gott und den Menschen und protestire dagegen,
dass eine ernste Sache, die zu ergründen er jahrelang Gesundheit
und Vermögen darangebe, als Schwindel bezeichnet
werde. Er sei kein Narr, sondern er erstrebe die sittliche
Menschheitsentwickelung, nicht durch Tischrücken und andere
kleine Mittel des Spiritismus, sondern durch Studium und
Nachdenken. Diese wissenschaftliche Erforschung des
Spiritismus fordere Achtung. Der Redner suchte dann den
Dr. Ewers der Täuschung zu überführen und bat schliesslich,
ihn freizusprechen. — Die übrigen Angeklagten schlössen
sich den Ausführungen ihrer Vertheidiger an und baten
ebenfalls um ihre Freisprechung." —
„Kölnische Zeitung" No. 928 v. 21. October er.:
— Justizrath Stapper, Vertheidiger der Angeklagten
v. Er hat dt, Rhein und Hecker, nimmt für die vom Herrn
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