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656 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 12. Heft. (December 1896.)
zu ermitteln ist. Die Grundlage des Vorwurfs, dass der
Ehrenrath parteiisch vorgegangen sei, ist also als in sich
zusammenfallend zu erkennen. Es ist gegen v. Erhardt der
Thatbestand des § 186 gegeben. Gegen v. Erhardt liegen
ausserdem zwei Fälle von Herausforderung vor, die er selbst
zugestanden hat. Bei der Abmessung der Strafe ist bezüglich
der Beleidigung dem Umstände Rechnung getragen
worden, dass v. Erhardt ernstlich von anerkennenswerthen
Absichten beseelt den in sich falschen Theorieen
des Spiritismus huldigt, und dass er sich sehr verletzt
gefühlt haben mag. Auch hat v. Erhardt durch den ehrengerichtlichen
Spruch bereits ein sehr grosses Uebel erlitten.
Das alles hat das Gericht bei der Wahl des Strafmittels
berücksichtigt und auf Geldstrafe erkannt, die aber erheblich
ausfallen musste. Anders liegt die Sache bei der Herausforderung
von Personen wegen ihrer amtlichen Thätigkeit,
da musste eine erhebliche Strafe eintreten. Was den Angeklagten
Rhein betrifft, so hat das Gericht in dem Briefe,
worin er den Präses des Ehrenraths zum Zweikampf
herausfordert, auch eine Beleidigung des Bezirkscommandeurs
gefunden. Ferner liegen zwei Beleidigungen des Ehrenraths
vor. Bei dem Angeklagten Hecker entsteht die Frage, ob
er sich gegenüber dem Landesrath Schmidt einer Körperverletzung
, oder nur thätlicher Beleidigung schuldig gemacht
hat. Das Gericht ist der Ansicht, dass Hecker über eine
Beleidigung hinaus eine Körperverletzung zufügen wollte,
weil er mit geballter Faust dem Landesrath Schmidt an den
Hals geschlagen hat. Zweifellos hat Hecker den Landesrath
Schmidt gekannt, und deshalb ist der Thatbestand vorsätzlicher
Körperverletzung in Verbindung mit listigem Ueber-
fall gegeben. Gegen Rhein musste noch der Einfluss ins
Gewicht fallen, den er, der ältere Mann, auf den jüngeren
ausgeübt hat. Bei Becker liegen zwei, bei Hornefeld vier
verschiedene Beleidigungen vor. Die Beleidigungen bei
Wessel sind im vollsten Umfange der Anklage anerkannt
worden. Bei Hornefeld wurde wegen dreier Fälle von Beleidigungen
in Zeitungsartikeln, die darauf hinausgehen, die
bestehende Autorität herabzuziehen, auf Freiheitsstrafe
erkannt, wenn auch der Angeklagte noch nicht vorbestraft
ist.
..Es wird deshalb zu Recht erkannt: — Es sind
schuldig und werden verurtheilt: — v. Erhardt wegen
Herausforderung des Oberstlieutenants Gescher und des
Generals von der Horst zu 5 Monaten Festung und wegen
Beleidigung des Ehrenraths zu 500 Mk. Geldstrafe; Rhein
wegen Herausforderung des Beigeordneten Greve und Ueber-
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