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Wittig: Der Spiritismus vor dem Düsseldorfer Landgericht. 659
dafür, dass dieser Schlaf unecht gewesen ist, sind Beweise
nicht erbracht worden. Es ist hervorzuheben, dass Referendar
Ewers an sich diesen spiritistischen Versuchen sehr
skeptisch und ungläubig entgegengetreten ist. Es kann
allerdings nicht verhehlt werden, dass auf das Verfahren
des Referendars Ewers schliesslich mit Recht diese ganze
Unsumme von Anklagen und unerquicklichen Verhältnissen
zurückzuführen ist, und dass ihm dies zum Vorwurf gemacht
werden kann. Es kann ihm aber nicht in dem Sinne ein
Vorwurf gemacht werden, dass darin ein Mangel an Ehrgefühl
zu erblicken wäre, sondern nur in dem Sinne, dass
er gezeigt hat, dass er die Verhältnisse , insbesondere das
Verhältniss des Angeklagten v. Erhardt, nicht richtig er-
fasst hat. Das muss von vornherein gesagt werden, so unrichtig
diese ganze Theorie des Spiritismus vom
Gerichtshof angesehen wird,*) ebenso überzeugt ist
dieser von der Thatsache, dass bei dem Angeklagten
v. Erhardt ein durchaus ernstes und auch von angemessenen
Empfindungen beherrschtes Verhalten vorliegt. Dem Referendar
Ewers würde man ein Verhalten, welches ihn
ausserhalb der Reihe der ehrenhaften Persönlichkeiten
stellte, nur vorwerfen können, wenn festgestellt würde, dass
von ihm diese Apporte, welche in der Wohnung des Herrn
v. Erhardt und im Vereinslokal stattfanden, auf Grrund einer
Täuschung hervorgerufen wurden. Eine solche Feststellung
liegt nicht vor. Der Ehrenrath war hinsichtlich seiner
Beweisaufnahme lediglich dahin gebunden, dass er nur das
Erhebliche, das, was ihm nach bestem Wissen erheblich erheblich
schien, an Beweisen sammelte. Die Strafprozess-
Ordnung macht es uns zur Pflicht, alle Zeugen, die
seitens der Angeklagten producirt werden, zu vernehmen,
deshalb hat sich das Gericht der Pflicht nicht entziehen
können, sämmtliche Personen, die seitens der Angeklagten
vorgebracht wurden, auch über den Punkt zu vernehmen,
ob sie diese Täuschung mit dem Tausendmarkschein hervorgebracht
haben. Aber so überzeugt das Gericht von Anfang
an von der Unmöglichkeit gewesen ist, auf diese
*) Hiernach müssen diese Worte doch wohl gleichlautend mit
den von der „Kölnischen Ztg." S. 655 referirten von den Lippen des
Präsidenten gefallen sein, und damit erscheint uns schon aHein das
ganze Urtheil als ein zu Gunsten des Spiritismus gefälltes
und gegen diu eigenen Schlussfolgerungen der Strafkammer und ihre
drakonischen Straf bestimtnuugen gerichtetes, da das Gericht ja selbst
damit behauptet und zugesteht, dass von ihm selber diese ganze
Theorie des Spiritismus unrichtig angesehen wird! Infolgedessen
durfte dieser ganze Prozess vom Reichsgericht zu revidiren sein —
von Rechts wegen! — Der Sekr. d. Red.
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