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666 Psychische Studien. XXIH. Jahrg. 12. Heft. (Deeember 1896.)
Handlinien weissagte, — also muss es doch wohl ein unabänderliches
Patum geben.*) Ich wurde neulich von einer
Dame ersucht, die Handlinien ihres 11jährigen Sohnes zu
prüfen, und äusserte mich unter Anderem dahin, dass später
ein gewaltsamer Tod durch Sturz bevorstände, — ich wusste,
ich konnte das der Mutter sagen. Da theilte sie mir erregt
mit, sie wüsste dies schon, denn noch bevor der Knabe
geboren war» habe sie das Ende desselben visionär „gesehen."
— Die Dame ist nämlich im hohen Grade sensitiv und eine
Seherin.
Ich habe mir aus Anlass Ihres Urtheils über die beiden
Österreichischen Prinzen die Mühe gemacht, die Geburtssterne
derselben nachzurechnen, und wenn ich auch die Geburtsstunde
nicht kenne, so geht doch aus den Constellationen
am Tage ihrer Geburt eine grosse Gefahr hervor, — es
kommt freilich des Näheren darauf an, welches die Geburtsstunde
war, und wie dem entsprechend die astrologischen
Häuser liegen, — danach richtet sich die Grösse des Unglücks
; denn an diesen Tagen, bezw. ungefähr um die gleiche
Tageszeit, und in annähernd derselben astronomischen
Polhöhe und Länge geborene Menschen sind ähnlichen
Schicksalen unterworfen; eine Viertelstunde Unterschied in
der Geburtszeit ist allerdings schon von Einfluss. Bei noch
heftigeren Adspecten stirbt ein solches Kind alsbald nach
der Geburt: — es ist dies also unter Umständen als ein
Glück zu betrachten. Glänzende Geburtskonstellationen
bringen mit sehr seltenen Ausnahmen nämlich auch grosse
Gefahren mit sich; dies ist auch bei dem Kronprinzen
Rudolf, wie bei dem Erzherzog Johann, der Fall gewesen, —
sie hatten die Mitgift von Fixsternen erster Grösse bei den
Planeten, und dies ist selten dauerndes Glück, oft geradezu
Unglück. Kronprinz Rudolf hatte die Sonne beim Regulus,
— bei sonst guten anderen Adspecten eine sehr bedeutungsvolle
, Macht verheissende Zusammenkunft; aber Mars stand
*) Es scheint das vielleicht nur so, weil vielfach ganz bestimmte
Ausgänge auf Tag und Stunde vorausgesagt worden sind, wie z. B.
der vom Grafen Seherr Thosz in „Psych. 8tud." November-Heft 1838
S. 481 ff. berichtete Fall und andere ähnlicher Art. Aber wenn wir
erwägen, dass manchen Geistern auf dieser Erde schon und mehr noch
bereits hinübergeschiedenen die hohe Gabe der Vorausberechnung
künftiger Fälle infolge tieferer Einsichten in das sie umgebende Welt«
und Lebens-Getriebe verliehen sein kann, wie dem rechnenden Astronomen
auf Grund gewisser Bahn-Elemente der Eintritt eines bestimmten
Ereignisses am Himmel, so dürfte uns das sogenannte Fatum nicht
mehr als ewige Vorherbestimmung, sondern nur als gesetzmässige Folge
aus freiem Willenstriebe und Naturnothwendigkeit gemeinsam sich ergebend
erscheinen. — Der Sekr. d. Red.
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