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Maier: Spiritismus und Anarchie nach Bouvery. 83
wo die philosophische Ueberzeugung, dass das Weltall weder
vom Zufall, noch vom Schicksal, sondern von göttlichen
Kräften und ewigen Gesetzen beherrscht wird, die dem
Menschen Duldung, Wohlwollen und Gerechtigkeit zur
gebieterischen Pflicht machen, ist nicht mehr ferne! Dieses
neue Ideal ist allein im Stande, auch das unersättliche Ungeheuer
des Krieges, das vor unseren Thüren lauert und von
den Nationen, den Müttern, den Gemahlinnen ihre Söhne,
ihre Gatten, ihre Brüder zum Opfer fordert, endgiltig
niederzuwerfen. Möge, was schon Renan verlangte, die ganze
Menschheit sich wissenschaftlich organisiren zum
Schutz gegen das Chaos des Anarchismus, der die notwendige
Folge der Verwerfung des Glaubens an die Seele
und an eine allumfassende Gottheit ist. Möge die nächste
Weltausstellung im Jahre 1900 am Schluss dieses Jahrhunderts
noch den Congress der Menschheit vereinigt
sehen, der diese ihre höchste und edelste Aufgabe
zur Lösung bringt! —
Inschauen.*)
Von Falk Schopp.
Ein Problem, welches die vorzügliche Aufmerksamkeit
aller psychologischen Forscher in Anspruch nehmen darf,
aber bislang noch nicht gar zu weit über die ersten Vorarbeiten
zu seiner Lösung hinaus ist, wird mit dem
herkömmlichen Namen des Hellsehens bezeichnet. Es
stammt diese Bezeichnung aus der Volksmetaphysik, welche
alle Zeit und bei allen Kulturvölkern eine nüchtern
materialistische war, verbrämt höchstens von den Schmuckperlen
sogenannter übernatürlicher Ausnahmefälle, welche
als Wunder bezeichnet werden. Als „Wunderu hat auch
das Problem des Hellsehens die feindlichen Geistesströmungen
beinahe zweier Jahrhunderte überdauert, freilich zurüGk-
gedämmt und eingeschränkt auf die untersten Volksschichten,
in deren ßewusstsein es aber darum um so lebhafter figurirte.
Nur hatte es da je nach der Art der Anwendung verschiedene
Benennungen. War es spontan bei einer Persönlichkeit
vorhanden und bezog es sich inhaltlich auf menschliche
Schicksalsereignisse (Geburten, Hochzeiten, Sterbe- und
Unglücksfälle), so hiessen solche Medien Kinderschauer,
Hochzeitsschauer, Todtschauer. Wurde es dagegen als
*) Vergl. „Psych. Stud." Dezember-Heft 1896 S. 669 Note. —
Der Sekr. d. Red.
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