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Iiiig: Zum Kapitel „Alpdruck".
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zeichen, soweit ich mich derselben noch erinnere, datiren
zurück in mein 16. Lebensjahr. Die Anfälle waren, soweit
ich mich noch erinnere, mit nur unklaren Bildern verknüpft.
Ich möchte sagen, sie unterschieden sich kaum von gewöhnlichen
Traumvorgängen. Charakteristisch war nur das
Angst- und Erstickungsgefühl, das Bewusstsein, sich bewegen
zu wollen, aber sich nicht bewegen zu können, und das
fernere Bewusstsein, dass ich mich im Bette befinde, während
wir im Traum den thatsächlichen Ort unseres Aufenthalts
mit dem Ort der imaginären Handlung verwechseln, also
unserer selbst uns nicht bewusst sind. Ein Ruf der Schlafgenossen
genügte, mich iris natürliche Bewusstsein zurückzuführen
und den Anfall zu beheben. Einmal erinnere ich
mich mit Sicherheit, dass mir von meinem Schlafgenossen
während eines Anfalls mein Name zugerufen wurde, ohne
dass es mir möglich gewesen wäre, trotz des Bewusstseins
meines Zustandes und trotzdem ich den Ruf deutlich hörte
und Erlösung wünschte, mich aus meinem Zustand der
Willenlosigkeit herauszuarbeiten. Erst der zweite Ruf vermochte
, dass ich wieder völlig Herr meiner selbst wurde.
Wenn der Anfall kam, der stets im Schlafe oder aus dem
Schlafe heraus erfolgte, war ich, wie meiner Glieder, so
auch der Sprache nicht mächtig, und der Versuch, um Hilfe
zu rufen, artete immer in ein ängstliches, unarticulirtes
Grillen aus, welches aber meistens genügte, die Schlafgenossen
auf meinen Zustand aufmerksam zu machen.
Um mich übrigens nicht länger bei diesen Anfängen,
die mir auch nimmer sehr deutlich in Erinnerung sind,
aufzuhalten, will ich nun die Fälle charakterisiren, die ich
längere Zeit genauer beobachtet habe. Sie fallen in die
Zeit meines 20. bis 24. Lebensjahres und waren sehr häufig.
In dieser Zeit begann der Anfall stets damit, dass ich
irgend einer menschlichen Gestalt gewahr wurde, die auf
mich zukam. Ein ganzes Jahr hindurch kam stets ein und
dieselbe Person, ein altes, mir gut bekanntes Weib, das mit
mir im Hause wohnte. Meistens sah ich, wie die Thür
aufging und die Gestalt, die ein weisses Taschentuch kreuzweis
auf dem Kopf zusammengebunden hatte, mir näher
trat. Gleichzeitig sah ich sämmtliche Gegenstände im
Zimmer, war mir ferner meiner selbst und des Vorgangs
selber ganz klar bewusst. Namentlich wusste ich immer,
entgegen dem Traumvorgang, in welchem man Thatsäch-
liches zu erleben glaubt, dass die Personen, die mir erschienen
, und die sonstigen Veränderungen, die im Zimmer
vorgingen, keine objectiven und realen Vorgänge waren,
vielmehr nur die nicht aufgeklärten Accidenzien des Alp-
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