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170 Psychische Studien. XXIV. Jahrg. 4. Heft. (April 18tf7.)
keine Bewegung machen konnte, ja dass ich vollständig mit
dem Tode kämpfte und dann völlig ermattet war. Damals
hatte ich keine Erklärung dafür. Heute sage ich mir, dass
mich ein höser Geist umbringen wollte.
Ein Jahr später (1876) wohnte ich in Charlottenburg
; dort hatte ich seit einiger Zeit wenig oder gar
keinen Schlaf mehr und war doch am Tage frisch und
gesund, und fand trotz meines Nachgrübelns keinen Auf-
schluss. Ich ging einige Tage nach Breslau. Auf der
Eückreise kam mir der Gedanke, du möchtest doch deiner
Grossmutter eine Gans und etwas Geld senden, indem sie
doch so viel für mich gethan hatte. Als ich nun die Sachen
verpackte, hatte ich immer das Gefühl, es müsse noch
Jemand im Zimmer sein, so dass ich mich öfter umsehen
musste. Auch wollte die Verpackung gar nicht so recht
gelingen. Nach diesem legte ich mich zu Bett; kaum war
dieses geschehen, als sich am Pussende des Bettes eine
Wolke oder ein Nebel bildete und aus diesen sich eine
Gestalt entwickelte. Ich konnte dieses alles genau beobachten,
da es noch ziemlich hell im Zimmer war. Diese Gestalt
kam an meine Seite und streichelte mich ganz kalt über's
Gesicht und sagte: — „Höre mal, mein Junge, ich thue
dir nichts.u — Ich wende mich vor Schreck auf die andere
Seite, sofort begann dieselbe Manipulation. Ich versuchte
mein Heil unter der Zudecke, aber auch dieses half nichts:
die Bettdecke wurde sanft bis nach den Füssen zurückgeschlagen
, und ich hörte dieselben Worte wieder. Ich that
einen lauten Schrei, dass meine Wirthin hereinkam und
frug, was mit mir los sei? Dann war alles ruhig. Nach
Ankunft des Geschenkes erhielt ich die Nachricht, dass
meine Grossmutter schon längst todt sei. Ich hatte einige
Jahre nicht nach Hause geschrieben. —
Kurz nach diesem besuchte ich meinen Onkel in
Crimmitschau; derselbe sagte zu mir: — „Du, etwas
Neues! Anna in Glauchau soll mit Geistern sprechen
können." — Mein Bleiben war nicht lange. Noch an diesem
Tage lenkte ich meine Schritte nach Glauchau, ohne
eigentlich zu wissen, warum; dort wurde ich schon mit der
Bemerkung empfangen: — „Ich wusste, dass Du kommen
würdest." — Meine Cousine lud mich ein, einer Sitzung
beizuwohnen, und wir gingen in eine Familie, wo bereits
zwanzig Personen versammelt waren. Sie setzte sich hinter
einen Vorhang, und ich war so mittlerweile in Gedanken
versunken, dass ich eigentlich gar nichts dachte. Da wurde
ich aufmerksam gemacht, dass dieses mir gelten müsse. Da
sehe ich auf, und vor mir steht eine weisse Gestalt und
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