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Wedel: In Sachen des Animismus.
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lösen; erhalte ich sie aber von einem Lebenden, so müsste
derselbe zur gleichen Zeit den nämlichen Traum geträumt
haben. Nun lässt sich wohl aber mit Leichtigkeit der
Nachweis liefern, dass gelegentlich, wenn Ä. träumt, er
unterhalte sich mit B., dieser B. einen ganz anderen Traum
gehabt hat. Also bleibt bei Lebenden nur die Erklärung
durch dramatische Spaltung der Persönlichkeit übrig. Wir
werden diese ohne weiteres auf jene Fälle von Verstorbenen
ausdehnen können, wo die Mittneilung nur dem schlafenden
Ich unbekannt, dem Wachenden dagegen vertraut war.
Wenn sie aber auch diesem unbekannt war, so kann eine
Erinnerung an längst Vergessenes oder an Etwas nur in
das Unterschwellenbewusstsein Aufgenommenes, oder aber
Hellsehen vorliegen. Dass dieses, oder allgemeiner gesagt,
die Telepathie, eine Fähigkeit der Lebenden ist, wird mir
wohl kein Occultist abstreiten. Im Wachen wird sie selten
ausgeübt, häufiger im Schlafe, besonders in dem sehr tiefen
koncentrirten des Somnambulismus. Dass aber nicht nur
die Telepathie, sondern auch die Telenergie eine
dem lebenden Menschen immanente Kraft ist, beweist die
Doppelgängerei, welche zumeist, aber durchaus nicht
immer, mit der Unterdrückung des tagwachen Lebens
zusammenfällt. Wer das ausgezeichnete englische Sammelwerk
uon Gurney, Myers und Podmore kennt, wird mir recht
geben. Wenn ein „Geist" also etwas den Theilnehmern
Unbekanntes berichtet, so kann dieses durch Telepathie
dem Bewusstsein des Mediums zugeführt worden sein.
Selbst wenn es sich um etwas weit in der Vergangenheit
Zurückliegendes handelt, so ist das kein Hinderniss, denn
der Geist, welcher ein noch nicht eingetroffenes Ereigniss
vorauszusagen vermag, wird auch ohne Schwierigkeit in der
Vergangenheit zu lesen vermögen, wo die Geschehnisse ja
irgendwelche Eindrücke hinterlassen haben könnten. Sollten
Zeit und Raum übrigens nur Anschauungsformen unseres
Geistes sein, so erklärt sich alles von selber. Wie steht es
aber, wenn die Identität eines Verstorbenen durch die
Materialisation oder durch die Handschrift festgestellt
wird? Darauf wäre zu sagen, dass wenigstens für einen
Occultisten die Exteriorisation des Doppelgängers festgestellt
ist. Es fragt sich nun, ob derselbe die Gestalt und die
Eigentümlichkeiten einer anderen Person annehmen kann.
Das dürfte einleuchtend sein, wenn wir uns folgendes vergegenwärtigen
: — Bei der dramatischen Spaltung im Traume
zeigt sich das Ich als vollendeter Schauspieler. Vermag
dasselbe sich nun auch zu objectiviren und plastisch zu
wirken, so ist weiter keine Schwierigkeit vorhanden. Dass
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