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Wittig: Die Nativität oder das Horoskop.
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v. Schaffgotsch seinen Geburtstag*) [28. August] mit vielen
Freunden auf dem Kynast feierte, frug er den ebenfalls
anwesenden Prediger Thieme über die üonstellation seines
Planetens, und begehrte von demselben, ihm sein künftiges
Schicksal zu weissagen. Die Erklärung Thieme's fiel nun
dahin aus: — 'dass ein kaltes Eisen des Generals
Ende bewirken würde/ General Schaff, lachte zu dieser
Prophezeihung und fasste den Entschluss, den JSTativitäts-
steller Thieme dieserhalb lächerlich zu machen. Er Hess
nun zu dem Ende aus einem benachbarten Dorfe ein
säugend Lamm kommen und schickte es dem pp. Thieme,
unter genauer Angabe von dessen Geburtsstunde, mit dem
Auftrage zu, auch diesem sein künftiges Schicksal zu bestimmen
, und Thieme gab die Erklärung: — 'dass dieses
Lamm der Wolf fressen würde/ — Sogleich veranstaltete
General Schaff gotsch ein Gastmahl, zu dem er viele
seiner Freunde und auch den Prediger Thieme einladen
Hess: — er befahl zugleich, das Lamm zu schlachten und
dasselbe gebraten beim Mahle auf die Tafel zu bringen.
Alle geladenen Gäste, unter denen sich auch der Schicksalsprophet
befand, waren erschienen; man begiebt sich zur
Tafel, bald soll nun auch das Lamm aufgetragen werden,
und mit freudigem Herzen feiert der General schon im
Stillen seinen Triumph. Alle Speisen sind endlich durch,
aber kein Lammbraten erscheint; darüber unmuthig, lässt
er dessen baldiges Auftragen anbefehlen. Er erhielt jedoch
die Nachricht, — das Lamm hätte der Wolf in der Küche
gefressen, und zwar ein zahmer Wolf, der schon seit mehren
Jahren in der Burgküche zum Drehen des Bratspiesses
abgerichtet war und sich bis dahin nie einer solchen Unart
schuldig gemacht hatte. Der General gerieth in Staunen
und Nachdenken, und legte mit den Worten sein Messer
auf den Tisch: — 'Der Wille des Herrn geschehe! Ich
bin mir bewusst, meinem Kaiser jederzeit treu gedient und
folgenden berichteten Worte sprechen zu können. Um diese Zeit und
schon vorher im Juni 1638 waren geheime Verhandlungen mit den
eigenen Generälen, den Schweden und Brandenburgern wie Sachsen
von Wallenstein wegen eines Friedens nach seinen Plänen betrieben
worden, so dass sich Graf Schaffgolsch als Protestant dem katholischen
Kaiser gegenüber nicht ganz sicher fühlte, wenn er auch von der Redlichkeit
seiner und WallensteirC* Absichten für das Wohl des Eeiches
(speziell Schlesiens und Böhmens) überzeugt sein mochte. Man lese
hierüber die neueste „Geschichte Schlesiens" von Dr. C. Grünhagen,
Geh. Archivrath und Prof. der Geschiebte an der Universität Breslau.
(Gotha, Fr. Jndr. Perthes, 1886) 2. Bd. S. 244 ff. nach. —
Gr. 6. Wittig.
*) Am 2. März war jedoch sein Geburtstag nicht.
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