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v. öaj: Heilung eines GifUchlangenbisses durch Wasser und Gebet. 375
er Folgendes: — 'Vorgestern mähte ich mit meinem Gesinde.
Nach dem Mittagsessen gönnte ich mir ein kleines Schläfchen
unter einem Baume. Als ich erwachte, sah ich, dass mich
etwas in die Hand gebissen hatte. Als ich nach Hause
kam, bemerkte ich, dass mir die Hand anzuschwellen beginne.
Während der Nacht wurde es noch schlimmer, und wenn
man mir den Arm mit diesem seidenen Tuche nicht unterbunden
hätte, so wäre ich schon todt. Heute fuhr ich also
nach Pozega zu Dr. Jelicic% damit er mir helfe; auf dem
Wege aber sagte man mir, ich solle den Arzt meiden und
zum Schlosser Sikiras gehen, da er den Schlangenbiss wegzaubern
könne. Sikiras war nicht zu Hause. Man sendete
nach ihm. Er kam aus dem Weingarten. Mein Freund
und ich vergassen gänzlich aufs Essen, gingen nicht vom
Wagen weg und warteten der Dinge, die da kommen würden,
„Als er den Kranken sah, beschaute er sich genau die
Hand, welche geradezu grässlich aussah, und sagte: — ,Dich
hat eine Schlange gebissen; wenn Du mir 6 fl. giebst, so
werde ich Dich heilen/ — 'Ich gebe Dir nicht nur 6 fl.,
sondern alle meine drei Pferde, wenn Du mich nur heilst*,
— sagte der Kranke — ,Ich brauche nicht Deine Pferde',
— replicirte der alte Sikiras, welcher unter diesem Namen
in ganz Pozega bekannt war, — ,sondern nur 6 fl. — Dann
sagte er zum Weibe des Kranken: — ,Du hättest nicht
diesen Menschen herzubringen brauchen, es wäre genug
gewesen, wenn Du allein gekommen wärest und mir nur
seinen Namen genannt hättest, — ich würde ihn auch so
geheilt haben. Da Du ihn aber schon mitgebracht hast, so
tragt, ihr Leute, ihn in mein Zimmer/ — Mit dem Kranken
kamen in das grosse Zimmer bei 30 Personen.
„Nachdem der alte Sikiras den Kranken auf den bestimmten
Ort gebettet hatte, sendete er einen von den
Zuschauern mit einer leeren, reinen Flasche um frisches
Wasser in den Bach 'bucjak', mit welchem er schnell ein
reines, weisses Tuch benetzte und selbes auf die Wunde
legte. Nachdem er den Umschlag gelegt hatte, sagte er zu
den Umstehenden, dass der Kranke bald die Finger, welche
ihm bis jetzt starr waren, werde bewegen können. Der alte
Sikiras wechselte fleissig die Umschläge, murmelte aber
dabei auch während der ganzen Zeit etwas vor sich hin.
Das Versprechen des Alten erfüllte sich schnell; der Kranke
fing an, die Finger schon nach einigen Minuten zu bewegen,
und man sah, dass die Geschwulst merklich abgenommen
habe. Unter uns war ein bekannter Ex-Priester. Er wunderte
sich, wie wir alle, und frug: — ,Sagen Sie mir, wie heilen
Sie das? — 'Mit dem Gebete', — erwiderte er; — 'ich
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