Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
24. Jahrgang.1897
Seite: 382
(PDF, 203 MB)
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382 Psychische Studien. XXIV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1897.)

dass icli ihm zu Gefallen ein kleines Possenspiel in Scene
setzen werde, darüber herrschte kein Zweifel. Und that-
säehlich bestand der alte Herr darauf, schon am nächsten
Abend, obwohl der Himmel bedeckt war, den nächtlichen
Spaziergang zu unternehmen. Er kündete mir den Entschluss
erst an, als er bereits marschfertig vor mir stand. So
glaubte er wohl die etwaige Vorbereitung eines Studentenscherzes
am Besten vereiteln zu können, und ich sah daraus,
wie ernst es dem bedeutenden Mann mit seinem Wissenseifer
war. Wohl ausgerüstet wanderten wir hinaus. Die Stelle,
an welcher der gespenstische Posten*) sich zeigen
sollte, hatte ich mir genau angeben lassen. Sie war nicht
zu verfehlen, da sie unmittelbar am Weg, am Fuss eines
kleinen Hügels lag, unter welchem man ein französisches
Massengrab muthmaasste. Unter ernsten Gesprächen schritten
wir dahin. Der Himmel war wolkig, aber die Nacht nicht
dunkel. Wir gewöhnten uns an den Dämmerschein und
unterschieden bald jeglichen Gegenstand in voller Deutlichkeit
, — ja, als wir die Hälfte des Weges hinter uns hatten,
trat sogar der Mond zeitweilig hervor und tauchte das
Schlachtfeld und die Berge in silbernen Glanz. Goethe
rauchte eine kleine Pfeife;**) er nahm sie plötzlich aus dem
Munde und deutete mit leisem, kurz hervorgestossenen ,Da!<
geradeaus nach dem Hügel. Wir blieben stehen. — ,Da
bewegte sich etwas !* — Ich schärfte die Blicke. Kichtig,
eine Gestalt, noch fern und undeutlich, schritt langsam dort
auf und nieder. Jetzt blitzte etwas an ihr auf. Das Bajonett
oder die Kopfbedeckung. Eine fieberhafte Erregung bemächtigte
sich unser. Goethe schob die Pfeife in die Tasche
und fasste die Pistole mit krampfhaftem Druck. — ,Sind
Sie auch bewaffnet?* — raunte er mir zu. — 'Ich habe
meinen Schläger, Excellenz/ — ,Gut, dann vorwärts!' —
Leise, aber so eilig wie möglich schritten wir auf dem
weichen Boden weiter. Immer näher kamen wir der seltsamen
Erscheinung. Goethe'* Athem ging schwer. — , Wahrlich,
ein französischer Soldat!' — murmelte er. Wir waren ganz

*) Man vergl. hierzu den Bericht über den „todten Ulan" bei
Dresden an der Königsbrücker Strasse in „Psych. Studien*1 Juli-Heft
1892 S. 305. — Der Sekr. d. Röd.

**) Diese Stelle macht uns die volle Wahrheit des hier Erzählten
doch einigermaassen verdächtig. Goethe soll nichts mehr, als wie das
Tabakrauchen, im Alter verabscheut haben. Indess könnte es ja sein,
dass er doch dann und wann im Freien einen Versuch damit gemacht
hätte. Die Gegner des Spiritismus dürften hier leicht behaupten, dass
er vom ungewohnten Nikotin berauscht und hallucinirt gewesen sei;
aber sein Begleiter rauchte doch nicht und sah ganz dasselbe! —

Der Sekr. d. Red.


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