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Wittig: Die Nativität oder das Horoskop.
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Regensburg öffentlich hingerichtet. Am 19. desselben Monats
hatte man ihm erlaubt, an seine Kinder und Freunde zu
schreiben, was er auch that. Als ihm sein Todesurtheil
bekannt gemacht wurde, bat er die Ueberbringer desselben:
— ihm seine Anordnungen für seine armen Kinder befördern
zu helfen und ihm einen Prediger zu senden. Als man ihn
fragte: — ob er einen Jesuiten oder einen evangelischen
Geistlichen wünsche, verbat er sich den Ersteren; er liess
den evangelischen Superintendenten Lenz zu sich rufen und
von diesem sich das heilige Abendmahl reichen. Die eifrigen
Bemühungen zweier Jesuiten, ihn vorher noch zu bekehren,
blieben ohne allen Erfolg. Auf die Frage: ob er in dem
Zimmer, welches er bewohne, sterben wolle, gab er zur
Antwort: — ,Mein Gewissen ist ganz rein; darum will ich
lieber unter Gottes freiem Himmel sterben, als im Dunkeln
hingerichtet werden/ — Am Morgen seines Todestages liess
er die evangelischen Geistlichen der Stadt nochmals zu sich
rufen. Mit gelassenem Muthe, bewundernswürdiger Stand-
haftigkeit und heiterer Miene ging er dann zum Blutgerüste,
kniete daselbst nieder, betete und segnete seine Kinder,
seine Freunde und sonstigen Angehörigen. Hierauf wandte
er sich zu den anwesenden Kriegsgerichts-Personen und
fragte noch einmal nach der wahren Ursache seines Todes;
er erhielt aber blos die kalte, herzlose Antwort: — ,Wir
thun, was der Kaiser befiehlt/ (ünter'm 5. Juli 1635 ist
zwar das in sehr schwankenden Ausdrücken abgefasste
Todes-Urtheil im Namen des Kaisers ausgefertigt, aber
nicht von ihm selbst unterschrieben worden.) Er
wollte dann noch mehr reden, allein die Trommeln wurden
gerührt, so dass Niemand etwas verstehen konnte. Nachdem
ihm sein Kammerdiener [Dieser treue Konstantin von Wegrer
hat Aufzeichnungen über seines Herrn Tod hinterlassen,
nach denen er ihm auf dem Richtstuhl den Kragen zurückgeschlagen
, auch die Haare für den Todesstreich aufgebunden,
den Leichnam in ein schwarzes Tuch eingeschlagen und
fortgetragen hat. Er ist felsenfest von der Unschuld seines
Grafen überzeugt. — Refer. nach Grünhagen's „Geschichte
Schlesiens" S. 259] den Rock ausgezogen und die Haare
mit einem weissen Tuche hinaufgebunden hatte, setzte er
sich auf den für ihn bereiteten Stuhl nieder und erhielt
nun— den gewiss ungerechten Todesstreich. — Sein
Leichnam wurde nebst dem Kopfe sogleich in einen Sarg
gelegt und noch an demselben Tage ohne alle Ceremonien
auf dem Kirchhofe zur heiligen Dreifaltigkeit in ein
gemauertes Grab beigesetzt, wohin ihn eine Menge Volks
begleitete, das seinen ungerechten Tod beweinte. Dass
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